Antoinette Capet - Die Österreicherin – Vorarlberger Landestheater Bregenz – Ein Marie Antoinette-Biopic von Niklas Ritter
Bregenz, 14. November 2019. Am Anfang geht alles schnell. Die schwere Geburt der Protagonistin wird von der Live-Band hinterm Bühnenportal getaktet, und kaum getauft – Mutter Kaiserin hat keine Zeit zu verlieren, gebar sie doch insgesamt 16 Kinder – geht es schon darum, wo all die Mädchen hinverheiratet werden. Aus Maria Antonia Josepha Johanna wird Marie-Antoinette, Gattin des Thronfolgers, später Königs von Frankreich. Über drei Stunden später landet sie 1793, von der Revolution entmachtet, schlicht als "Antoinette Capet" unter der Guillotine.
Ösis unter sich
So nannte auch der Autor und Regisseur Niklas Ritter sein Stück über sie und fügte den Untertitel "Die Österreicherin" hinzu. Diesen unfreundlichen Spitznamen trug Marie-Antoinette bei Hofe tatsächlich ("l’Autrichienne"), vielleicht aber wollte man mit der Titelwahl bei der Uraufführung im Vorarlberger Landestheater auch ein Zeichen setzen. Während nämlich Intendantin Stephanie Gräve nach ihrer ersten Spielzeit international mit anspruchsvollem Spielplan und fairen Löhnen positiv auffällt, stoßen sich Teile des Bregenzer Abopublikums an hierzulande von West bis Ost durchaus bekannten Dingen: Zu moderne Inszenierungen böten zu wenig Bühnenbild, und zu viel "Bundesdeutsch" werde gesprochen.
Aber tatsächlich spielt mit Ines Schiller eine Österreicherin "Die Österreicherin". Sie kokettiert heiter mit dem Idiom, was ihre (anfangs) kindliche Figur des freiheitsliebenden Sonnenscheins mit gewinnendem Lächeln und Unverständnis gegenüber Staatstragendem fein unterstreicht. Nur beim Besuch ihres Bruders Kaiser Joseph II. funktioniert es nicht so ganz. Um zu zeigen, dass die Ösis nun unter sich sind, rutscht Schiller ins Oberösterreichische, während ihr Dresdner Kollege Felix Defèr mit monarchisch-näselndem Nobelsprech nach einem holprigen Einstieg den Wiener besser trifft.
Röcke und Perücken
Defèr ist der zupackendste der sechs Spieler*innen, die in die zig anderen Rollen schlüpfen. Meist verantwortet er den Comic Relief in dieser ohnehin weitgehend komödiantisch angelegten Biografie, sowohl als verhurter Louis XV als auch in Rollen diverser Vertreter*innen des Volks. Wenn sein Joseph dem Schwager Tipps zum richtigen Ejakulierzeitpunkt gibt, ist das aber auch wegen der Unbedarftheit lustig, mit der Jan Kersjes den erst immermüden, nachher wein- und käseseligen Franzosenkönig anlegt. Wie sich das royale Ehepaar nach dem sexuell unbefriedigenden Start zusammenrauft, ist boulevardesk, aber liebevoll ausgestaltet. Später in der Tragik der Niederlage wirkt es, als wären sie stets füreinander geschaffen gewesen.