„Manaraga“ von Vladimir Sorokin am Schauspielhaus Graz
Erst am Ende der Lektüre offenbart sich die wahre Satire in Vladimir Sorokins Sci-Fi-Roman „Manaraga – Tagebuch eines Meisterkochs“ aus 2018. Ähnlich bei der Regisseurin Blanka Rádóczy, wo es aber durch die verknappte Theaterfassung schärfer zutage tritt: Sorokin macht sich über die Moden im Traditionalismus lustig. Er klagt nicht, dass die „guten alten Bücher nichts mehr wert sind“, er hinterfragt die Klagen.
Die in naher Zukunft angesiedelte Welt, in der Smartphones durch schlaue Flöhe ersetzt wurden, kennt das illegale Konzept des Book’n’Grill: Meisterköche wie der Ich-Erzähler Géza bereiten für steinreiche Kunden auf literarischen Klassikern dekadente Mahle zu. Auf den Inhalt von Nabokov oder Bulgakow kommt es dabei nicht an, nur auf die Wertigkeit des Papiers. Eine Molekularmaschine, die Erstausgaben klont, bedroht das Geschäft. Schon diese Anspielung auf die Molekularküche lässt den Witz an der Sache ahnen.
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