Ein Essay- und ein Geschichtenband versuchen die aktuelle Faszination des Animalischen zu erklären
Sind wir Menschen uns nicht mehr interessant genug? Der Nachschub an Büchern über Tiere reißt nicht ab. Als Zielgruppe dürfen weiterhin die zweibeinigen, ungefiederten Freunde vermutet werden, auch wenn, nachdem hat, die Lektüre fürs literaturaffine Hauskalb bestimmt nicht lange auf sich warten lassen wird, immerhin hat ein ein Wiener Theater schon „Performances for Pets“ angeboten.
Auf Martin Browns „Tiere, die kein Schwein kennt“ vergangene Saison folgt nun quasi das Gegenteil: „Berühmte Tiere der Menschheitsgeschichte“. Das erste auch auf Deutsch erschienene Werk der Amerikanerin Elena Passarello bietet gleich mehrere Ansätze zur Erklärung für die Konjunktur moderner Bestiarien an. So zitiert die Autorin etwa den Kunstkritiker John Berger, der die Antwort auf die titelgebende Frage seines Aufsatzes „Warum sehen wir Tiere an?“ ausgerechnet im zunehmenden Bedeutungsverlust der Viecher für das Leben der Menschen sieht. Während sie heute unkenntlich gemacht auf Tellern liegen oder als Haus- und Zooexemplare reiner Aufputz sind, waren Tiere früher – und sehr lange – essenziell für unseren spirituellen und praktischen Alltag. Kindern ist die Besessenheit von Getier aller Art aber noch immer von Anfang an eingeschrieben.
Die enge Beziehung zu Tieren liegt uns Menschen also in denen Genen. Kein Wunder, dass wir auch etwas über die Verwandten lesen wollen, sodass in den letzten Jahren auch Erwachsene mit Belletristik und Sachtexten in den literarischen Zoo geschickt werden. Elena Passarellos Essayband gehört dabei zu den anspruchsvolleren Kompilationen. Der Originaltitel lautet „Animals Strike Curious Poses“ (ein Zitat aus dem Prince-Song „When Doves Cry“, das auf Deutsch so viel wie „Tiere nehmen seltsame Haltungen ein“ bedeutet), erst der deutsche Titel „Berühmte Tiere der Menschheitsgeschichte“ macht ein Lexikon daraus. Das ist irreführend, denn die Essays sind zwar chronologisch nach der Lebenszeit des jeweiligen Tierpromis geordnet, formal wie inhaltlich aber nimmt Passarello in ihrem gleichwohl äußerst informativen und packenden Eintrag alle Freiheiten.
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