In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
„Sie sind auch fremd hier, nicht wahr?“ Joseph Roth, Kind der Doppelmonarchie und einzigartiger Chronist ihres Untergangs (mit „Radetzkymarsch“), baute nach seiner Emigration eine rätselhaft fremde Figur in mehrere Erzählungen ein, um sie schließlich recht explizit als den Teufel zu outen, klumpfußbedingtes Hinken inklusive. Jenö Lakatos ist sein Name, und er taucht in Galizien, Wolhynien, Paris und einem österreichischen Badeort auf, wenn es Unheil zu stiften gibt. Der Name des zunächst noch „jungen Advokaten aus Budapest“ bedeutet übersetzt „Schlosser“: Lakatos knackt Seelen mit geübter Feinmechanik und befreit die Verderbtheit, die längst darin angelegt war.
In „Triumph der Schönheit“ (1934) stattet Lakatos der Ehefrau eines englischen Diplomaten in einem Badeort einen ungehörigen Besuch ab. Jahre später hat der Ehemann der gewissenlosen Seitenspringerin „sich leider umgebracht“, ihr begegnet man in den Armen eines „glattgekämmten, ölig-schwarzhaarigen Gigolos“. Schon da erkennt der Erzähler: „Lakatos aus Budapest ist ein Typus, keine Persönlichkeit. Es mußte nicht unbedingt der alte Lakatos von Zimmer 32 sein.“
Der Typus zerstört sodann in der Novelle „Der Leviathan“ auch das Leben des Korallenhändlers Nissen Piczenik in Progrody – mit neuer Technik:
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