Die Regisseurin Andrea Breth macht seit über 40 Jahren Theater. Vor ihrer nächsten Premiere bei den Salzburger Festspielen blickt sie zurück
Ob man schon einmal ein Interview mit Frau Breth geführt habe, fragt bang der Regieassistent nach einer Probe zu ihrer neuesten Inszenierung. Nein? Hm, man werde ja sehen.
Die deutsche Regisseurin gilt als schwierig, ist bekennende Cholerikerin und taucht ungern aus der Konzentration eines laufenden Probenprozesses auf. Es lohnt sich auch, sie nicht zu stören: Ihre kühlen, psychologisch präzisen Schauspielarbeiten sind legendär. In Wien hat sie Mimen wie Nicholas Ofczarek und Roland Koch zu Höchstleistungen angestachelt. Nach Tschechow, Lessing und Schiller wendet sie sich in letzter Zeit bevorzugt der Dramatik aus dem englischsprachigen Raum zu. Im Akademietheater geriet zuletzt der Polizeithriller „Diese Geschichte von Ihnen“ zum Riesenerfolg. Aktuell arbeitet sie an einer Kooperation zwischen Burg und Salzburger Festspielen, Harold Pinters Groteske „Die Geburtstagsfeier“. Anfangs skeptisch, beendet sie das Gespräch mit: „War nett mit Ihnen.“
Frau Breth, Ihr erstes Werk war die Inszenierung eines Kinderstücks 1975 am Theater Bremen: „Die verzauberten Brüder“ von Jewgeni Schwarz. Wie war das damals?
Andrea Breth: Ich kann mich daran überhaupt nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich Captagon genommen habe, um den Tag besser auszunutzen, weil ich so wenig Zeit hatte. Ich habe so gut wie gar nicht geschlafen, das war furchtbar.
Hat Sie das nicht abgeschreckt, den Beruf weiter zu verfolgen?
Breth: Nein, da gab es noch schlimmere Situationen. Ich war die erste Frau, die in der Bundesrepublik inszeniert hat. In der DDR gab es Regisseurinnen. Dort war man, was das angeht, wesentlich fortschrittlicher. Die Techniker in der Bundesrepublik waren der Meinung, dass man als Frau nichts von Beleuchtung versteht, die wollten einen gerne über den Tisch ziehen. Männer mussten das nicht wissen, für die wurde das einfach gemacht. Daher habe ich alles von der Pieke auf gelernt.
Mussten Sie einfordern, das lernen zu dürfen?
Breth: Ich musste das alles für mich machen. Bloß nicht sagen, dass man irgendetwas nicht kann! Das könnte ich heute stundenlang sagen, aber erstens würde es mir keiner glauben, zweitens kommt es nicht gut an. .
Hat es dann lange gedauert, bis Sie anerkannt waren?
Breth: Das ging sehr schnell und geschah daher auch zu früh. Ich dachte, ich sei Mozart, weil ich so begeistert von meiner Begabung war. Dann habe ich eine sehr schlechte Inszenierung an der Berliner Volksbühne West gemacht: „Emilia Galotti“ war aus meiner Sicht ein ganz schlimmer Flop. Ich hatte aber schon Riesenangebote, auch für Oper. Stattdessen bin ich nach Zürich gegangen und habe auf der Schauspielakademie unterrichtet. Dort habe ich innerhalb von drei Monaten mit den Studenten ein Stück entwickelt, mit dem wir dann durch die Gegend getingelt sind. Durch die Arbeit mit den Studenten habe ich was gelernt und ein bisschen Selbstvertrauen gewonnen.
Auf Wikipedia steht, Sie hätten in Zürich Schauspiel studiert.
Breth: Da steht einiges. Wie kriegt man das denn mal weg, diesen ganzen Käse?
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