In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
Die größte Wunde hat Woundwort bei Peter Benchley hinterlassen, dem Autor des Romans „Der Weiße Hai“. Dass kaum jemand seine Vorlage zum berühmten Spielberg-Film kennt, sei die Schuld von „Unten am Fluss“, erklärt Benchley in einem Vorwort: Ein „ätzendes Buch über ein (sic!) Kaninchen“ habe sich 1974 geweigert, den Spitzenplatz in der US-Bestsellerliste zu räumen. In der Tat war „Watership Down“, so der Originaltitel, ein kleines Wunder: Familienvater Richard Adams war von seinen Kindern gedrängt worden, die auf Autofahrten gesponnene Abenteuergeschichte mit (zahlreichen!) häsischen Protagonisten niederzuschreiben.
Was sonst katastrophal endet, erwies sich in diesem Fall als episches Drama um Leben und Tod, als großen, zutiefst menschlichen (und dabei dennoch tierisch akkuraten) Flucht- und Kriegsroman, der mit einem Fabelmärchen für kleine Kinder wahrlich nichts zu tun hatte. Seine zeitlose Aktualität ist nicht zuletzt dem Antagonisten zu verdanken. Wenn General Woundwort im dritten von vier Teilen auftaucht, holt der Leser tief Luft und kommt erst ganz am Ende zum Ausatmen. Nach Jahren der Wanderschaft hat er das Gehege Efrafa gegründet und – aus einem zunächst nachvollziehbaren Sicherheitsbedürfnis heraus – eine Art Polizeistaat aufgebaut. Der Tyrann installierte ein Überwachungssystem, regelte den täglichen Ausgang strikt und ließ Abtrünnige foltern.
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