Lachen auf Englisch: Wien entwickelt sich zu einem Zentrum der Stand-up-Comedy. Auch Witze über Katzen und die tote Schwester sind nicht tabu.
Als Reginald Barris vor drei Jahren aus den USA nach Wien zog, stellte er fest, dass es „keine Shows“ gab, „and it fucking sucked.“ Gemeint waren Comedy-Shows. Stand-up-Comedy, wie er sie von daheim kannte – aus Philadelphia, New York und Washington, D.C. – und von YouTube.
Gerade mal ein „Open Mic“ auf Englisch konnte er ausfindig machen, in der australischen Roo Bar in der Inneren Stadt. Wer sich traute, durfte dort fünf bis zehn Minuten Programm machen und Lacher zählen. Dann musste er einen Monat warten, bis er wieder Gelegenheit hatte. Seit diesem Sommer sieht die Landschaft plötzlich anders aus: Barris tritt im Monat bei etwa zwanzig Shows auf, selbst moderiert er seit Sommer die „Wombar Comedy Night“ im Wombat-Hostel und „Lassa’s Comedy Showcase“ im Café Lassa mit von ihm handverlesenen Talenten. Jedes Mal punktet er mit einer überraschenden Information: „Ich bin ein Schwarzer.“
Dem imposanten Mann mit blauen Augen und blondem Dreadlock-Irokesen will man das nicht so recht glauben. Aber sein Vater ist tatsächlich schwarz, und die These, die er daraus ableitet, lautet, seine Mutter sei eine Hardcore-Rassistin, die einfach einen sehr subtilen Weg gewählt habe, schwarze Gene auszurotten. Damit ist man natürlich schon mitten in seinem Programm. Barris studiert Gitarre, aber Musik interessiert ihn nicht wirklich. Er ist, wie er erst hier in Wien festgestellt hat, Stand-up-Comedian aus Leidenschaft.
Dass diesen Sommer eine Wiener Stand-up-Szene praktisch aus dem Boden geschossen ist, ist auch Okello Dunkley zu verdanken. Im Februar 2015 kam er mit seiner Familie nach Wien, „um mal einen etwas anderen Rassismus zu erleben“, wie er – seinerseits unbestritten schwarz – bei seinen Auftritten gerne sagt. Dunkley ist wohl der einzige Mensch in Wien mit einer Stand-up-Ausbildung. Um in seinem selbst entwickelten Fotografiekursformat als unterhaltsamerer Lehrer aufzutreten, belegte er in Philadelphia einen vierwöchigen Lehrgang und entdeckte sein einschlägiges Talent.
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