Gut zu gebrauchen
Gianni Di Gregorio macht uns den Kinosommer italienischer. In „Buoni a nulla“ erinnert er uns, warum der Urlaub vom Büro dringend nötig war
Die Italiener sind Meister darin, sich selbst zu inszenieren. Kein Schauspieler hätte „Das Leben“ so „schön“ für Roberto Benigni sein lassen können wie Roberto Benigni. Nanni Moretti spielt in seinen Filmkomödien meist selbst die Haupt- oder wichtige Nebenrollen. Und Jacques Tati – na gut, der war Franzose.
Ein stillerer, erst spät im Leben anerkannter filmischer Selbstinszenator ist Gianni di Gregorio, der in seinen Filmen selbst die Figur des gutmütigen, etwas müden alten Herren Gianni gibt. „Pranzo di Ferragosto“ („Das Festmahl im August“, 2008) und „Gianni e le donne“ („Gianni und die Frauen“, 2011) waren die ersten Erfolge dieses gar nicht aufbrausenden und somit eher untypischen italienischen Antihelden. Diesen Sommer erheitert uns Fast-Pensionist Gianni mit seinem neuesten Streich: „Buoni a nulla“ heißt „zu gar nix zu gebrauchen“ und bezieht sich vor allem auf den Freund Marco, den Gianni an seiner neuen Arbeitsstelle gewinnt. Anstatt ihm den wohlverdienten Ruhestand zu gönnen, hat Giannis Firma ihn nämlich an den Arsch der Welt versetzt – sprich: in den römischen Randbezirk EUR. Dann schreibt ihm sein Arzt vor, sich nicht immer alles gefallen zu lassen und auch mal „Nein“ sagen zu lernen. Stattdessen schleimt sich Gianni mittels Hündchen-Gassi-Führens bei der Direktorin ein und nimmt Tanzstunden mit Marcos Schwester.
Klingt nicht nach der großen Action. Die gibt es auch nicht. Den großen Bruhaha-Brüller darf man ebenfalls nicht erwarten. Gianni di Gregorios Humor ist einer von der schelmisch-subtilen Sorte: Er besteht in kleinen Überraschungen und Irreführungen. Was passiert mit Giannis Familie, als er, frisch angelernter Rebell, sie bei einer Wohnungsbesichtigung schlichtweg auf dem Balkon aussperrt und davonläuft? Oder die sexy Cinzia (Valentina Lodovini), die Marco immer mit tiefen Ausschnitten aufreizt, mit herzzerreißenden Geschichten von ihrer kranken Mutter hinhält und dazu bringt, ihre Arbeit für sie zu erledigen, zu seinem Geburtstag aber nicht erscheint – wer rechnet schon damit, dass sie wirklich eine kranke Mutter und keine einzige Lügengeschichte erzählt hat? Reingefallen! Oder war die Mutter nur gut gebrieft, als es darauf ankam? Di Gregorio operiert geschickt mit den Unzulänglichkeiten des menschlichen Charakters ebenso wie mit den Erwartungen der Zuschauer, die denken, dass sie alles schon kennen.
Lebensfroh tanzt sich der ältere Herr durchs Leben, zu einer Musik, die den Erwartungen an das Italienische noch eher entspricht – heißt doch der Mann, der sie komponiert hat, Enrico Melozzi! – und zu Stadtbildern, die uns daran erinnern, dass „romantisch“ von „Rom“ kommt (oder so ähnlich). „Buoni a nulla“ ist keineswegs zu gar nichts gut, sondern zum Beispiel für den jährlichen Kinobesuch mit dem Opa oder fürs Kopffreiblasen nach einem unsäglichen Bürotag, der die Hölle war, weil die Hälfte der Belegschaft auf Urlaub ist.
Ab 7. August im Kino.