Supergespann
Im neuen Film von Karl Markovics spricht Ulrike Beimpold mit Gott. Aber mit wem spricht sie wirklich? Ein Superinterview zu „Superwelt“
Oh Gott! Karl Markovics bastelt fleißig an seinem Gesamtwerk. Seit ein paar Jahren tritt er seltener als Schauspieler auf, dafür arbeitet er die vielen Geschichten, die in ihm stecken, eine nach der anderen als Film-Auteur auf. Nach dem Supererfolg seines Regiedebüts „Atmen“ (2011) kommt nun „Superwelt“. Der Film besticht durch seine kühne Behauptung: Eine Kassiererin wird von Gott angesprochen. Und nicht zuletzt durch die erstaunliche Hauptdarstellerin: Ulrike Beimpold ist von Bühne und Fernsehen allseits als frohgemutes, ewig junggebliebenes, properes Mädel bekannt. Hier hebt sie zu einer preiswürdigen Performance ab. „Superwelt“ ist die erste Begegnung dieses ungewöhnlichen Paares.
Herr Markovics, war Ulrike Beimpold eine Besetzung, die Sie sich schon beim Schreiben vorgestellt haben? Nein. Schauspieler – das darf ich sagen, weil ich selber einer bin – sind keine gute Inspirationsquelle.
Kann man denn überhaupt schreiben, ohne dass sich Gedanken an bestimmte Schauspieler aufdrängen? Ich kann das sehr gut! Ich habe so einen Fundus an Menschenbegegnungen in mir. Allein auf einer Zugfahrt speichere ich an die 100 Fragmente von Figuren.
Was war die größte Überraschung im Arbeitsprozess? Dass das mein Film geworden ist. An keinem Tag hätte ich mir vorstellen können, dass aus dem, was wir da machen, irgendwas wird. Es liegt vielleicht am Thema, weil das so unendlich ist. Gott spricht zu mir? Was sagt der? Ich höre es ja nicht. Jedenfalls ist „Superwelt“ im Gegensatz zu „Atmen“ erst im Schneideraum und in der Mischung mein Film geworden.
Die Tonmischung ist tatsächlich der einzige „Effekt“, der etwas Übernatürliches andeutet. Wenn meine Arbeit etwas prägt – die bisherige und die zukünftige –, dann ist das tatsächlich der Zauber der Banalität, das, was großartig ist im Rinnstein, im Mittelmaß, im Durchschnitt.
Kommt Gott deshalb ausgerechnet nach Bruck an der Leitha, das man bisher eher für eine gottverlassene Gegend zu halten geneigt war? Genau. Das ist eine Gegend, die jeder Österreicher kennt: der Einzugsbereich von Schwechat. Hier fährt man auch durch, wenn man nach Ungarn will. Man streift diesen Bereich immer nur, aber stehenbleiben tut niemand. Mich haben die Windräder fasziniert: einerseits vom Menschen gemacht und andererseits von etwas Unsichtbarem angetrieben. Es gibt einen weiten Horizont und viel Himmel im Sommer. So hat sich das angeboten.
Frau Beimpold, Sie sind durch Theater und TV seit Jahrzehnten bekannt, dennoch ist das Ihre erste Kinohauptrolle. Wie ging es Ihnen als Debütantin mit 50? Es war der richtige Film zum richtigen Zeitpunkt. Jetzt habe ich mein Körberl an Erfahrung so eingesammelt, dass ich mit so einer großen Rolle umgehen kann.
Wenn man in so einem Film eine Rolle spielt, die mit Gott spricht, dabei Gott aber nie wirklich zu sehen und zu hören kriegt – kann es dann passieren, dass man den Regisseur für Gott hält? Natürlich ist dieser Dialog von Karl Markovics durchdrungen – ich musste ja einen anderen Text mitlernen, den das Publikum nie hört. Manchmal haben wir uns beide beim Drehen überrascht, weil wir plötzlich andere Worte gehört haben als geplant. Und manchmal, wenn wir weit voneinander entfernt waren und er Anweisungen ins Walkie-Talkie gesprochen hat, dann war es wirklich ein bisschen wie die Stimme Gottes.
Herr Markovics, haben Sie sich diesen Gesprächspartner beim Konzipieren sehr genau vorgestellt? Das ist, glaube ich, unmöglich. Der ganze Film ist nur ein Versuch über Gott. Wie weit der dann einem Bild entspricht, das sich auch andere machen, ist buchstäblich im Auge des Betrachters.
Auslöser war aber gar nicht der Antritt eines Gottesbeweises, sondern das Bild einer Supermarktkassiererin, die beim Reinigen des Förderbandes ins Leere schaute. War die Begegnung mit Gott eine Story, die sich daraus automatisch ergeben hat? Sowohl die Geschichte von „Atmen“ als auch die von „Superwelt“ steckte wohl in irgendeiner Weise in mir drinnen und musste sich in einem Bild kondensieren. Henne und Ei – beides musste zusammenfinden, damit ich meine Eierspeise kriege.
Sie werden jetzt sicher oft gefragt, ob Sie an Gott glauben. Nervt das? Ich habe in meinem Blog während des Drehs die neun wahrscheinlichsten Fragen schon selbst beantwortet – also auch diese –, kann bei Interviews jetzt also einfach auf den Blog verweisen!
Stolz, kein einziges Mal auf den Blog verwiesen worden zu sein, verabschieden wir uns. Karl Markovics’ Selbstbeantwortung auf die Frage, ob er an Gott glaube, lautet darin übrigens: „Ja.“ „Nein.“ „Ja.“ „Nein.“
FILMISCHES
Ginge auch als Horrorfilm durch
Verstörung. Man sieht nix, hört nix, nur beklemmenden Sound und die Verstörung einer Frau. Sie hört eines Tages plötzlich die Stimme Gottes. Surreale Dinge geschehen. Bei der Berlinale lief er schon, die Diagonale wird „Superwelt“ eröffnen, ab 20.3. läuft der zweite Markovics regulär an. Beimpold ist fantastisch, auch Rainer Wöss als wortkarger Ehemann.