Auftraggeberin
Auftrag
Übersetzung des Romans von Meike Ziervogel aus dem Englischen ins Deutsche
Ausgezeichnet mit einem Arbeitsstipendium der IG Übersetzerinnen und Übersetzer 2014 und der Übersetzungsprämie 2015 des Bundeskanzleramtes bzw. des österreichischen Kulturministeriums
Gedanken zur Übersetzung auf dem Textlicht-Blog
Manches geht einfach nicht so, wie man es gerne hätte. Ein Kapitel in Meike Ziervogels Roman „Magda“ trägt die Überschrift „The Pillbox“, und wie gerne würde ich das so übersetzen, dass sich die schlichte Zweideutigkeit dieses Begriffs wiederfindet. Aber es geht nicht. Meike Ziervogel war die Ironie sicherlich bewusst: Im Englischen ist „pillbox“ einerseits ein Tablettendöschen, aber auch ein Bunker. Ein Bunker! Und das in einem Buch, das im Bunker spielt, noch dazu in DEM Bunker. Wikipedia kennt die Pillbox sogar als Lehnwort im Deutschen. Aber ich kann ja schlecht „Die Pillbox“ über mein Kapitel schreiben, denn darum geht es nicht, die „pillbox“ ist keine Pillbox, sondern einfach ein Tablettendöschen.
Dieses eine kleine Geschenk hat die sonst sprachlich meist minimalistische, karge und klirrend klare Sprache der Verfasserin dem Wortspielfanatiker in mir gemacht, gar nicht absichtlich, vielleicht sogar widerstrebend, aber wie soll man ein Kapitel, in dem ein Tablettendöschen und sein Inhalt alles sind, auch anders nennen? Wer mit der Historie vertraut ist und weiß, dass „Magda“ Magda Goebbels ist, der kennt auch die verheerende Rolle der „pillbox“ in der Pillbox.
„Magda“ ist meine erste Romanübersetzung, sie erfolgte aus dem Englischen ins Deutsche. Die Autorin Meike Ziervogel, für die es ihrerseits der erste Roman ist, hat sich selbst schon über das Gefühl geäußert, wie es ist, in die eigene Muttersprache übersetzt zu werden. Wie es sein muss, außerhalb der eigenen Muttersprache literarisch kreativ zu sein, kann ich mir in meinen verquersten Träumen nicht ausmalen. Ob sie irgendwo in den Tiefenstrukturen ihrer Synapsen deutsch gedacht hat, als sie englisch schrieb? Manchmal kam es mir so vor, dann aber wieder gar nicht und ich fühlte mich konstruktionstechnisch herausgefordert.
Bis dann das Ende kam, der langgestreckte, systematische Tod, die brutale Konsequenz einer Frau, die in dieser Detailschärfe zwar nicht historisch verbrieft, aber umso beeindruckender erdacht ist und mir mitten im Tippen den Brustkorb zuschnürte. Und ich deutschte das dann auch noch ein, holte es sozusagen einen Schritt näher in die deutsche Realität – es war Sommer, und ich war sehr froh, am Kapitelende aus meiner Selbsteinbunkerung einen Schritt in ein freundliches, freies Klima setzen und atmen zu können.
Meike Ziervogel hat ihre Geschichte klar als Mischung aus Realität und Fiktion ausgewiesen. Inzwischen liegt meine Arbeit an „Magda“ ein halbes Jahr zurück, das Buch liegt in den Läden, Frau Goebbels – die echte, die nicht fiktive (was auch immer das genau bedeutet) – blickt mich vom Cover mit starren, kalten Augen an. Ich blicke zurück, schüttle verwirrt und leicht schaudernd den Kopf und denke: Eine Mischung aus Realität und Fiktion, ja, genau so fühlt es sich an mit dieser meiner ersten Romanübersetzung. Sie ist etwas Fremdes und Eigenes, etwas Unerhörtes und doch Vorhandenes.
Der hochgelobte Roman über Magda Goebbels nun erstmals in deutscher Sprache: Meike Ziervogel ist ein eindrucksvolles Porträt der Frau von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels gelungen. In nüchterner Sprache wird der Lebensweg eines ungeliebten Kindes zu einer ehrgeizigen Frau und deren Stilisierung zur Vorzeigemutter des Dritten Reiches beschrieben.
Gleichzeitig erzählt Magda die Geschichte dreier weiblicher Generationen – neben Magda Goebbels kommt auch ihre Mutter zu Wort, ebenso wie ihre älteste Tochter, die in ihren letzten Lebenstagen eine schreckliche Vorahnung ereilt.
Meike Ziervogel
Magda
Roman
Aus dem Englischen
von Martin Thomas Pesl
128 Seiten
12,5 x 20,5 cm
Gebunden mit Schutzumschlag
und Lesebändchen
16,95 Euro
ISBN 978-3-903005-01-3
Erschienen im Februar 2015