Auch auf Jules Vernes Nautilus menschelt es: Cosmea Spelleken, seit dem Streaming-Hit "werther.live" Expertin für dichte Beziehungsgeflechte, hat mit ihrem Ensemble auf dem berühmtesten U-Boots der Abenteuerliteratur eingecheckt. Ein Abend mit Tiefgang.
13. März 2025. Als Jules Verne seinen futuristischen Abenteuerroman herausbrachte, der eigentlich "20.000 Leugen unter den Meeren" heißen müsste, gab es bereits U-Boote. Die konnten 1869 allerdings lange nicht so viel wie die Nautilus – deren steinreicher Erbauer Kapitän Nemo sie hauptsächlich zum Ausleben persönlicher Rachegelüste nutzt. Schon beeindruckend, wie sich Verne, anhand des gründlich angelesenen Wissens seiner Zeit, bereits vor über 150 Jahren Gedanken über die Verantwortung machte, die mit technologischem Fortschritt einhergeht.
Hohe Erwartungen
Verantwortung durch Technologie hat auch Cosmea Spelleken. Mit 25 Jahren – dem Alter, in dem Orson Welles "Citizen Kane" drehte – gab sie dem Genre des Online-Theaters eine Daseinsberechtigung jenseits der Lockdown-Notlösung. Ihr sensationeller Stream "werther.live" brachte der Regisseurin viel Aufmerksamkeit – die Erwartungen an Spellekens Arbeiten im analogen Raum sind entsprechend hoch: In der Theaterwerkstatt, der kleineren Spielstätte des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten, taucht sie mit vier Schauspieler:innen in Vernes "20.000 Meilen unter dem Meer" ein.
Dass der bekannte Klassikertitel irreführend ist, erklären Professor Pierre Aronnax (Julian Tzschentke) und Assistentin (vormals: Diener) Conseil (Marthe Lola Deutschmann) gleich zu Beginn im Stile eines Powerpoint-Vortrags. De facto sind es 80.000 Kilometer, und die bezeichnen die zurückgelegte Strecke, nicht die Tiefe. Wenn die beiden ihr Buch über die Erlebnisse damals vorstellen, nehmen sie Anachronismen ganz bewusst in Kauf. So läuft das U-Boot etwa einmal Gefahr, zerdrückt zu werden "wie ein leere Cola-Dose".