Atmo vom Stückbeginn
So böse war er eigentlich gar nicht! Neuere Forschungen haben ergeben, dass der Ruf König Richards III. von William Shakespeare gründlich ruiniert wurde. Wahrscheinlich intrigierte er nicht, ließ seine Neffen nicht ermorden – und sogar das mit dem Buckel könnte Erfindung sein. Aber wo bleibt da der Spaß – am Theater? Regisseur Wolfgang Menardi und Burgschauspieler Nicholas Ofczarek beteiligen sich zum Glück jedenfalls nicht an der Rehabilitierung des einstigen Königs von England. Sie zeichnen einen kalten, manipulativen und körperlich versehrten Schurken, den sein Umfeld hasst, dem sich aber auch niemand entziehen kann.
Lady Anne: Ich wünscht, ich kenn dein Herz.
Richard: Auf meiner Zunge liegt’s.
Lady Anne: Hab Angst, sind beide falsch.
Richard: Dann war nie einer treu. Darf ich in Hoffnung sein?
Lady Anne: Ich hoffe, jeder ist’s.
Richard: Trag diesen Ring von mir.
Ein Entkommen ist in dem Raum, in dem sich das alles abspielt, sowieso nicht möglich. Menardi, auch – und ursprünglich nur – Bühnenbildner des Abends, platziert Ofczarek und seine fünf Mitspielerinnen in die verflieste Ecke eines mysteriösen, verlassenen Gebäudes, zusammen mit kaputten Tierskulpturen, ausrangierter Technik und allerlei sonstigem Müll. Durch eine Hundehütte kann ein Roboterhund als Einziger ein und ausgehen. Der wirkt daher auch vergleichsweise fröhlich und agil, während die sechs menschlichen Bewohner:innen ein Endzeit-Gefühl ausstrahlen, das eher an Samuel Beckett als an William Shakespeare erinnert.
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Kultur heute
Moderation: Susanne Luerweg
Samstag, 22. November 2025, 17:30 Uhr, Deutschlandfunk
