Nazis auf der Rattenlinie nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt sich Miriam Unterthiner in ihrem Stück "Blutbrot" vor. Mit gelenkiger Sprachvirtuosität. Die Autorin ist so etwas wie die Newcomerin der Stunde und ein guter Grund für Regisseur Tomas Schweigen, nach Wien zurückzukehren.
1. Oktober 2025. Bei Miriam Unterthiner ist viel los dieses Jahr. Sie ist "Nachwuchsautorin", wie sie sich selbstironisch in ihrem Text "Blutbrot" bezeichnet, "denn da wächst ja noch was in diesem Theater, also ich". Tatsächlich ist der Name der 1994 geborenen Südtirolerin allüberall zu lesen: In Innsbruck lief bereits vergangene Spielzeit ihr Stück "Va†erzunge". Mit dem Stückentwurf "Mundtot" gewann sie das Hans-Gratzer-Stipendium 2025, es wird im kommenden Januar am Wiener Schauspielhaus uraufgeführt. Für "Blutbrot" wiederum bekam Unterthiner diese Woche den Kleist-Förderpreis für neue Dramatik überreicht, zudem steht die im Februar erschienene Buchausgabe als eines der Debüts des Jahres auf der Shortlist beim Österreichischen Buchpreis.
Wortspielverliebt
Mit Kim de l'Horizons "Blutbuch" hat das Blutbrotbuch übrigens nichts zu tun, die möglicherweise entstehende Verwirrung dürfte der Autorin aber gefallen, wortspielverliebt, wie sie sich in ihrem Text zeigt. Der behandelt eigentlich die Fluchthilfe vieler Südtiroler:innen für Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg, eine der sogenannten "Rattenlinien". Vorher geht es aber in einer geradezu komischen Obsessivität ganz viel um Brot, mehr noch als es einst in Ferdinand Schmalzens "am beispiel der butter" um Butter ging. Ein Brief über das Leid der Menschen im Erzgebirge 1932 käme wohl kaum im Stück vor, wäre der Verfasser nicht Kafkas Nachlassverwalter gewesen – der Mann namens Max Brod.