Die Welt am Rande eines Riesenkriegs, Gott wird auf eine Friedenskonferenz geladen. Es ist ein Drama voll abgründigem Aberwitz, das Karl Kraus und Jura Soyfer in der Pension Schöller erdacht haben könnten: dieses jüngst erst entdeckte Stück der Ausnahme-Dramatikerin Maria Lazar (1895-1948), von Anna Marboe nun in Innsbruck uraufgeführt.
29. September 2024. Dass in der Wohnung ihrer Enkelin gleich vier Theaterstücke der jüdischen Wiener Autorin Maria Lazar gefunden wurden, war eine der besten Nachrichten für das Theater in jüngerer Zeit. Die Wiederentdeckung der Solitärin, die von 1895 bis 1948 lebte, hat bereits stattgefunden: Das Burgtheater brachte ihren Einakter "Der Henker" und eine Adaption des Romans "Die Eingeborenen von Maria Blut".
Internet und Impfgegner
Von den vergessenen Stücken ist eines, "Der Nebel von Dybern", bereits vergangene Spielzeit auf den Spielplänen angekommen. Zu wissen, dass da noch mehr kommt, macht glücklich, denn die in der Adoleszenzzeit des Faschismus entstandenen Texte sind nicht nur scharf beobachtet und bissig, sondern auch in nahezu naivem Maße prä-postdramatisch, mit Dialogen, ausführlichen Personenverzeichnissen, Regieanweisungen und Szenenbeschreibungen – an die sich heute natürlich niemand hält. Macht auch nix, denn Lazars Sprache kann zwar durchaus eigenwillig sein, Shakespeare ist aber keiner an ihr verlorengegangen.
Wenn also Regisseurin Anna Marboe für die Uraufführung von "Die Hölle auf Erden" am Tiroler Landestheater Internet und Impfgegner in die Komödie hineinschreibt, setzt sie ein bei Lazar angelegtes Prinzip der gesellschaftlichen Unmittelbarkeit fort. Wenn sie 29 Rollen auf neun Leute verteilt und sowohl den heiligen Petrus als auch den Teufel mit Marion Reiser besetzt, fügt sie sich augenzwinkernd praktisch-ökonomischen Bedingungen.