Kann Sibylle Berg hellsehen? In ihrer Aristophanes-Adaption aus dem Jahr 2019 steckt eine Vorahnung des "Barbie"-Films, und auch Markus Söders Gendersprachen-Verbot ist schon Thema. Christian Stückl vertraut auf ihre Vision einer Welt, in der die letzten Vertreter:innen unserer zweigeschlechtlichen Spezies hausen.
25. März 2024. Es wird wenige überraschen, dass Sibylle Berg eine visionäre Begabung besitzt. Bereits in ihrem 2019 am Theater Basel uraufgeführten Stück "In den Gärten oder Lysistrata Teil 2" sah die brillante Zynikerin, Autorin und Partei-Politikerin ein charakteristisches Element von Greta Gerwigs Barbieland vorher: Alle Frauen und alle Männer teilen sich jeweils einen Namen. Bei Berg lauten diese Namen Lysistrata und, nun ja, Bernd. Ein Ken kommt am Ende freilich auch vor – es ist ein Sexroboter, den sich die Frauen gebaut haben. Wer weiß, vielleicht übernimmt er in "Lysistrata Teil 3" die Weltherrschaft.
Geschlechterklischees, durch den Berg-Wolf gedreht
Der Intendant des Münchner Volkstheaters hat sich Zeit gelassen, bevor er sich für diesen Text entschied. Lange war nur "eine Inszenierung von Christian Stückl" angekündigt. Auf "Barbie"-Anspielungen verzichtet Stückl. Stattdessen ließ sich sein Ausstatter Stefan Hageneier vom vorgegebenen Schauplatz des Stücks inspirieren. "Die Gärten" sind ein Museum, in dem Besucher:innen einer utopischen Gegenwart alles über die einstigen Qualen der Zweigeschlechtlichkeit erfahren. Hier ist es natur- und kunsthistorisches Museum in einem: Der Riesenkaktus, die antike Götterstatue, die Urmenschen, die Gartenzwerge, die Spielplatzschaukel und der Triceratops-Saurier – sie alle sind gleichermaßen versteinert und auf einer Drehscheibe zusammengeschoben wie für den Abtransport.