Dieses Familiendrama hat die üblichen Ingredienzien, doch hat Leonora Carrington noch ein paar obendrauf gepackt: So gibt es neben unglücklicher Ehe, aus dem Nichts auftauchender Ex und saufendem Sohn auch noch ein tierisches Wesen, das ziemlich viel Unheil anrichtet. Johannes Lepper verpasst dem surrealistisch anmutenden Stück von 1940 eine rohe Inszenierung.
15. Februar 2024. Das Programmheft hilft nicht. Meist findet sich da ein "Zum Stück", konsultierbar bei aufkommenden Fragen oder Unaufmerksamkeiten während des Zuschauens. Die Textauswahl im Heft zu "Das Fest des Lamms" von Leonora Carrington am Vorarlberger Landestheater bewegt sich auffällig um den heißen Brei herum. Immerhin ein biografischer Text beschreibt, wie die Verfasserin als junge Frau die Pariser Kunstwelt betörte. Die Rede ist von "einem Abendessen in einem Restaurant, bei dem sie ihre Schuhe auszog, die Beine auf den Tisch legte und mit Senf bestrich." Das kommt der Sache schon näher, die da vor einem bemerkenswert geduldigen, nach zwei Stunden ratlos, aber ausgedehnt applaudierenden Bregenzer Publikum über die Bühne ging.
Bäääh!
1917 als Britin geboren, starb Carrington 2011 als Mexikanerin. Die bildende Künstlerin lebte kurz mit Max Ernst zusammen, wollte aber nicht als Surrealistin gelabelt werden. Mit 23 schrieb sie auf Französisch "La Fête de l’Agneau", eine Melange aus gepflegter Oscar-Wilde-Salonkomödie, deren Persiflage à la Ionesco und Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater mit einem Hauch Tod-Browning-Horror. Die Liste der Triggerwarnungen, die das Ensemble schon beim Einlass auf den eisernen Vorhang schreibt, ist beträchtlich. Zur Einstimmung erfahren wir, wie das Jacobsschaf auf die britische Insel kam (angeblich auf der spanischen Armada). Schauspielerin Maria Lisa Huber singt zart das "Abendlied", durchbrochen von eigenen Bäääh-Rufen, den ersten, wahrlich nicht den letzten heute. "Bählamms Fest" nannte Olga Neuwirth ihre 1999 verfasste Opernversion des Stoffes, das Libretto stammte von Elfriede Jelinek.