In einem Container auf dem Wiener Heldenplatz rechnen Lydia Haider und Verbündete mit dem österreichischen Mann ab. Inszeniert von Antje Schupp. Eine grausame Groteske.
23. März 2023. Der FPÖ-Chef hätte Lydia Haider sicher gern angezeigt. Blöderweise geht es aber in "Du Herbert", dem neuesten Werk der Autorin, die einst den rechtslastigen Akademikerball literarisch niedermetzelte, nicht um Herbert Kickl. Freilich hätte sie für ihren fiktiven Prototyp, der Österreichs gewalttätige Männer in sich vereint, genauso einen anderen Namen wählen können. Herbert passt jedenfalls sehr gut. Ist auch ein wirklich urösterreichischer Vorname.
Der ursprünglich als Buch konzipierte "Einblick in die Grausamkeit" ist ein Gemeinschaftswerk: Marina Weitgasser sammelte im Kalenderjahr 2020 alle Meldungen der Nachrichtenseite orf.at, in denen es um männliche Gewaltakte innerhalb der Landesgrenzen ging – nicht nur, aber hauptsächlich gegen Frauen. Lydia Haider verband die Taten dichterisch zu einem "Herbert-Evangelium", das Judith Goetz durch erklärende Fußnoten ergänzte.
Blutorgie am Heldenplatz
Erschreckende 450 sind es, die Bandbreite reicht von der Morddrohung, weil eine nicht gegrüßt hat, zum terroristischen Amoklauf in der Innenstadt am 2. November 2020. Die Pandemie machte die Österreicher noch aggressiver, als zu Beginn des Projekts zu ahnen war. Diesen Februar erschien die Publikation. Freilich, wo Lydia Haider wirkt, ist das Theater nicht weit. In diesem Fall lud das Schauspielhaus Wien zur Uraufführung durch Regisseurin Antje Schupp in einer Kooperation mit der Initiative "Claim the Space" und dem Haus der Geschichte Österreich.
Hautnah dabei sind pro Abend nur 30 Leute, denn die Aufführung findet nicht auf der Stammbühne in der Porzellangasse statt, sondern in einem quaderförmigen Container mit vielleicht 60 m2. Bissigerweise wurde dieser am Heldenplatz aufgestellt, jenem geschichtsträchtigen Ort, an dem jährlich die Leistungsschau des Bundesheeres steigt und 1938 Scharen einem gewissen Adolf zujubelten.