Ein Choreograf beschmierte eine unfreundliche Rezensentin mit Hundekot. Was hat das Verhältnis zwischen Kunst und Kritik so ruiniert? Unser Theaterkritiker macht sich Gedanken
Es ist jetzt schon das Theaterereignis des Jahres, und es hat nicht auf der Bühne stattgefunden, sondern im Foyer. Der Ballettdirektor der Staatsoper Hannover, Marco Goecke, rächte sich in der Pause seiner letzten Premiere an Wiebke Hüster, Kritikerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), für deren vernichtende Verrisse. Er hatte seinen Dackel Gustav und eine Plastiktüte mit dessen Ausscheidungen dabei. Letztere schmierte er Hüster ins Gesicht.
Die ewige Feindseligkeit zwischen Kunst und Kritik hat ihr Emoji gefunden: den Kackhaufen mit Augen. Schon Karin Beier, Intendantin des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, bezeichnete die Kritik kürzlich als Scheiße am Ärmel der Kunst. Andere Attacken sind weniger fäkal: Der Performer Benny Claessens bescheinigte einer Rezensentin auf Social Media psychische Probleme, mit leicht drohendem Unterton: „Your time is over Darling.“
Diese Extremfälle sind natürlich inakzeptabel. Die Direktorin der Staatsoper entließ den Ballettchef. Insgeheim aber feiern gar nicht wenige dessen Tat.
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