Auftrag
Aufnahme und Schnitt eines Beitrages zu den 50. Nestroyspielen Schwechat
Auftraggeber
Deutschlandfunk Kultur
Projektinfo
In Österreich, besonders in Wien, lieben sie ihren Johann Nepomuk Nestroy. Sein Wortwitz und Charme machen den Biedermeier-Possendichter und wichtigsten Vertreter des Altwiener Volksstücks auch 160 Jahre nach seinem Tod zu einer Art Nationalheiligen. Nur in Deutschland ist er immer noch nicht so recht angekommen.
In Schwechat, südlich von Wien, gibt es nicht nur Österreichs größten Flughafen, sondern auch den besten Nestroy, dieses Jahr bereits zum 50. Mal. Von Anfang an hat Peter Gruber Regie geführt, seit 1986 leitet Christine Bauer mit ihm zusammen die Nestroyspiele Schwechat. Vor der diesjährigen Premiere hat Martin Thomas Pesl die beiden im Wiener Kaffeehaus getroffen und versucht, dem Phänomen Nestroy auf den Grund zu gehen.
„Zu ebener Erde und erster Stock“: In Johann Nestroys „Posse mit Gesang“ aus 1835 singt der zynische Sekretär Johann ein Couplet – ein satirisches Lied, mit dessen tagesaktuellen Zusatzstrophen der Wiener Volksstückdichter regelmäßig die strenge Zensur im biedermeierlichen Polizeistaat umgehen konnte. Als in Österreich 2018 Sebastian Kurz mit der FPÖ zusammen regierte, klang das in Schwechat auf der Bühne so:
Couplettext: „Doch er hat wie versprochen Verändrung gebracht. Denn die Z’Kurz-Kommenen, die sein jetzt an der Macht. Alle Routen sein g’schlossen, überall Polizei, rund um d’Uhr wer’n ma abg’hört, kurzum: Wir sind frei. Ich mein: freiheitlich g’sinnt, teils blau, teils türkis. Is eh wurscht, weil da kaum noch a Unterschied is.“
Ein Gemeinderat der FPÖ stürmte erbost aus der Generalprobe, aktivierte die Medien und versuchte, den Macher:innen den Geldhahn abzudrehen. Der Antrag scheiterte, dafür hatten die Nestroyspiele Schwechat in diesem Jahr so viel Publikum wie noch nie.
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Samstag, 2. Juli 2022, 14:05 Uhr