Die Akram Khan Company tanzt das „Dschungelbuch“ neu: Gespräch mit Coach Mavin Khoo
Oft wird er für den Doppelgänger des Meisters gehalten: Mavin Khoo, 46, schlüpfte früher bei Proben öfter in die Rollen von Akram Khan, 47, damit sich der Tänzer und Choreograf quasi selbst zuschauen konnte. Heute tritt Khan, Brite mit bengalischen Wurzeln, nicht mehr selbst auf, sondern entwirft bildstarke Gruppenstücke für seine 1999 gegründete Compagnie, zuletzt „Jungle Book reimagined“. Die Überschreibung der Geschichten des Literatur-Nobelpreisträgers Rudyard Kipling in Zeiten der Klimakrise gastiert am Samstag im Festspielhaus St. Pölten. Der gebürtige Malaysier Mavin Khoo ist nach wie vor mit dabei und prägt die Akram Khan Company.
„Wiener Zeitung“: Was ist Ihre Rolle in der Akram Khan Company?
Mavin Khoo: Offiziell nennt sich meine Funktion kreativer Mitarbeiter und Coach. Meine Hauptaufgabe ist, das Ensemble tänzerisch mit Akrams philosophischen Grundsätzen zu durchdringen.
Das beinhaltet vermutlich lange Gespräche.
Das wäre der intellektuelle, westliche Zugang. Wir Asiaten gehen stark übers Tun. Der Körper macht etwas so lange, bis der Kopf sich ausschaltet und nur noch die reine Erfahrung bleibt. Akram und ich kennen einander sehr lange, wir haben den gleichen kulturellen Hintergrund. Anfangs ging es bei ihm darum, den indischen Kathak-Stil mit Contemporary Dance zu verbinden. Seit zehn Jahren rückt das Formelle immer mehr an den Rand. Akrams Arbeiten werden zunehmend „unwestlich“, zeichnen sich eher durch zugrunde liegende Werte aus, wie Strenge und Transzendenz. Deshalb wird bei uns nicht nur aufgewärmt, sondern richtig trainiert: Viele finden das hoffnungslos altmodisch. (Lacht.)
Sie haben erwähnt, dass Akram Khans Arbeiten ideell immer „unwestlicher“ werden. Formal-ästhetisch werden sie aber auch immer „unindischer“.
Das hat auch damit zu tun, dass Akrams Körper kein Material mehr generiert. Die Tänzerinnen und Tänzer, mit denen wir heute arbeiten, haben keine Kathak-Ausbildung, warum sollen wir ihnen „indische Tanzhände“ aufzwingen? Es gibt auch nicht mehr den typischen Akram-Khan-Tänzer: Die Palette reicht vom B-Boy zu Tamara Rojo.