Das Kollektiv Darum widmet sich dem Skandal um Misshandlungen an österreichischen Kinderheimen. In ihrer performativen Installation begegnet das Publikum dem Grauen. Und steht am Ende selbst vor einem moralischen Problem.
30. November 2022. Vor zwölf Jahren deckte ein "Kurier"-Journalist systematische Missstände in Kinderheimen von den Fünfzigern bis in die Achtziger auf. Unzählige Opfer von Misshandlungen und Schlägen mit oft lebenslangen Folgen meldeten sich, eine Kommission wurde eingesetzt, Entschädigungen wurden gezahlt, das Parlament hielt einen Staatsakt ab.
So weit die Fakten, grob zusammengefasst. Die Gruppe Darum hat sie alle gesammelt und sich der Mammutaufgabe gestellt, sie in ihrer Komplexität irgendwie würdig zu vermitteln. Das Wiener Kollektiv, gefeiert für sein Debüt "Ungebetene Gäste" aus dem Jahr 2019, las Berichte, kramte in Archiven, sprach mit Betroffenen und Historiker:innen. Ko-Regisseur Kai Krösche verfasste auf Basis der Recherchen selbst Texte, zudem gaben er und seine Kollegin Victoria Halper bei vier namhaften Autor:innen Kurzgeschichten in Auftrag.
Womit wir bei der ersten Besonderheit von "Heimweh" wären, dabei, was daran verstört, auch nervt, letztlich aber einfach stimmt: Statt das historische Unrecht – das sich hinlänglich nachlesen lässt – kühl zu benennen, wird es vielsagend angedeutet, literarisch interpretiert, poetisch bebildert. So entwickeln die verschiedenen Narrative in den Köpfen der Zuhörenden ein Eigenleben.