In Wien, Graz und Salzburg zeigt der zeitgenössische Zirkus seine Vielfalt
Was ist Zirkus? Die meisten von uns haben da ziemlich genaue Vorstellungen: ein Zelt, innen ausgelegt mit Sägespänen, ein paar Clowns, ein Direktor mit Zylinder, Seiltänzerinnen – Artisten, Tiere, Attraktionen eben.
Während wir diese Art des Zirkus immer noch gerne bestaunen, hat sich in den letzten 25 Jahren aus dem französischen Raum kommend eine neue Bewegung herangeschlichen: der Cirque Nouveau, auf deutsch etwas unmagisch zeitgenössischer Zirkus genannt. Statt wandernder Zirkusfamilien sind ausgebildete Profis in Performance, Artistik und Clownerie am Werk. Tierquälerei wird vermieden, indem auf Tiere überhaupt verzichtet wird.
Aber macht das dann überhaupt noch Spaß? Fans des Cirque du Soleil würden vehement bejahen. Die frankokanadischen Showprofis haben den moderneren Zugang zum Gebiet bekannt gemacht. International füllen sie die Hallen (es muss eben nicht immer das Zirkuszelt sein) und begeistern das Publikum.
Auch in Österreich gibt es eine kleine, aber wachsende Zirkusszene. Eigene Fördertöpfe wurden dazu eingerichtet, und das seit 2020 existierende Mehrspartenfestival Kultursommer Wien führt „Zeitgenössischer Zirkus“ als eigenes performatives Genre neben Theater, Kabarett, Tanz/Performance und Literatur.
Bis 2022 programmierte es Arne Mannott. Der Choreograf und Zirkuskünstler hat sich in seinen eigenen Arbeiten (zuletzt „what remains“) sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was zeitgenössischer Zirkus bedeutet und wie er sich ins Leben und in die sonstige Kunst einordnen lässt.
Mannott organisiert außerdem heuer bereits zum dritten Mal das On the Edge, Wiens erstes Festival für experimentelle Zirkuskunst. Es findet in den Räumlichkeiten des Werkstätten- und Kulturhauses (Wuk) im 9. Bezirk statt. Dieses Jahr sind sieben Spieltage vorgesehen, an denen Gastspiele aus anderen europäischen Ländern auf dem Programm stehen, aber auch Showings in Entwicklung befindlicher Arbeiten von heimischen Künstlerinnen und Künstlern.
Fast ebenso reichhaltig liest sich das Rahmenprogramm. Im Zuge einer Kooperation mit dem Fernsehsender Arte laufen im Foyer Zirkusfilme in Dauerschleife. Beim Diskurs- und Vernetzungsformat „Coffee & Circus“ treffen Leute aus der Szene aufeinander und diskutieren aktuelle Fragen, etwa wie sich Strukturen verbessern lassen und welche Gemeinsamkeiten Zirkus und Feminismus haben.
Weiter im Falter-Kulturwinter ‘22