Was macht Frank Castorf als Berliner Volksbühnenlegende am Landestheater in Niederösterreich? Er inszeniert „Schwarzes Meer“ von Irina Kastrinidis. Warum? Weil er irgendwie auch ein Grieche ist – und wegen seines Sohnes.
Frank Castorf hat den Monolog einer weitgehend unbekannten Autorin am Landestheater Niederösterreich zur Uraufführung gebracht, und die hat nur zweieinhalb Stunden gedauert. Aber warum? Warum? Und warum?
Auf zwei der drei Fragen ist die Antwort simpel. Dass der Ex-Intendant der Berliner Volksbühne, der nach Generalproben oft noch nicht sagen kann, ob die Premiere sechs oder neun Stunden gehen wird, sich für seine Verhältnisse radikal kurzhalten musste, liegt an der Sperrstunde in Österreich um 22 Uhr, einer Corona-Maßnahme, die ihm, der sich von Frau Merkel nicht das Händewaschen vorschreiben lässt, gewaltig gegen den Strich gehen muss. Und Irina Kastrinidis, die greco-schweizerische Schauspielerin und Autorin von „Schwarzes Meer“, ist die Mutter von Castorfs zwölfjährigem Sohn Mikis Kastrinidis, der seinerseits bei der Uraufführung mitspielt. Dem vielbeschäftigten Regisseur könnte die Arbeit also als Vater-Sohn-Quality-Time gelegen gekommen sein.
Wieso sich aber einer der prägendsten deutschsprachigen Theatermacher, der zuletzt in Berlin, Zürich, Hamburg, Wien und Köln inszenierte, mit 70 in die 55.000-Einwohner-Stadt St. Pölten begab, darüber kann nur spekuliert werden. Böse Zungen behaupten, in keiner Metropole habe man die Familienunternehmung beherbergen wollen. Die PR-Abteilung des Landestheaters habe sich dagegen die Hände gerieben: Wir führen’s eh nur viermal auf, und die überregionale Aufmerksamkeit ist uns sicher, somit eigentlich egal, wie’s wird.
Wie ist es also geworden?