Drei Wochen vor der Premiere platzte die Zusammenarbeit des Regisseurs Kornél Mundruczó mit Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr an „Tosca“ wegen künstlerischer Differenzen. Aus der Not heraus entschieden sich Minichmayr und Burgtheater-Direktor Martin Kušej für die Neuinszenierung einer gemeinsamen Arbeit aus dem Jahr 2009 mit neuem männlichem Widerpart. Man sollte „Das Interview“ daher nicht zu harsch beurteilen. Gelungen ist es trotzdem nicht.
Der Einakter, übersetzt und bearbeitet von Stephan Lack, beruht auf einem Film des niederländischen Regisseurs Theo van Gogh aus 2003. Er schildert den Besuch des Journalisten Pierre Peters beim Filmstar Katja Schuurman (die sich im Original selbst spielte). Pierre ist politischer Redakteur, muss das Interview aber fürs Kulturressort führen, obwohl er lieber den Rücktritt der Regierung begleiten würde (dass Kušej hierfür die ZiB2 zum Platzen der Koalition Kurz-Strache im Mai 2019 einspielen lässt, ist ein grotesk plumper Anachronismus). Jedenfalls ist Pierre unvorbereitet und behandelt Katja, die ihm mit professionell salopper Freundlichkeit begegnet, unnötig ruppig. Sie konsumiert im Zuge des Gesprächs allerlei Drogen und entwickelt daraufhin einen ebenso seltsam scheinenden Hass auf den Mann.
Birgit Minichmayr brilliert mit der ihr eigenen, gewinnenden Natürlichkeit. Oliver Nägele dagegen zeichnet Pierre durchgehend hart und verdrossen. Dass er sich plötzlich doch für diese – ein Ausschnitt aus einer TV-Serie zeigt es – wirklich schlechte Schauspielerin erwärmt, kauft man ihm nicht ab. So gehen auch die Wendungen, die dieses psychologische Kammerspiel am Ende bietet, nicht auf. „Was in Gottes Namen ist heute Abend passiert? Warum behandeln wir uns so?“, fragt Pierre gegen Ende entgeistert. Leider, man weiß es nicht. MARTIN PESL
Siehe auch Falter 9/20