Der Sprecher und die Souffleuse – Theater am Lend Graz – Miroslava Svolikovas Theatersatire in der Uraufführung von Pedro Martins Beja
Graz, 12. Juni 2019. Jede Zeit hat ihre Themen, und das Top-Theater-Thema diesen Juni sind offenbar Souffleusen. Gerade erst ließ Tiago Rodrigues seine ganz konkrete Stammsouffleuse bei den Wiener Festwochen poetisch ihre Lebensgeschichte flüstern, jetzt tritt in Graz ihre ironisch abstrahierte Kollegin vor den Vorhang. In Gestalt Hanna Binders gibt sie sich so schüchtern, dass ein Premierengast "Lauter!" ruft. Dann verrät sie, dass sie immer da ist und dass sie auf ihren Textbüchern heimlich Beobachtungen aufschreibt. Und ihr dann Dinge einfallen, wie dass das Theater wie Kaugummi ist und das Leben auch.
Rückkehr zu den Wurzeln
Die Wienerin Miroslava Svolikova gehört zu den Darlings aus dem berühmt-berüchtigten Grazer Schreibforum UniT. Wenn die Premiere ihres neuesten Werks im Rahmen des Dramatiker*innenfestivals ebendieser UniT stattfindet, ist das für die 33-Jährige also wie eine Rückkehr zu den Wurzeln. Obendrein ist "Der Sprecher und die Souffleuse" das Gewinnerstück des Autor*innenpreises der Österreichischen Theaterallianz. Dieser besteht stets in einer Uraufführung, die dann landesweit an Theatern in sechs Bundesländern zu sehen ist. Die Hauptverantwortung für die Produktion wechselt im Rund. Dass sie diesmal beim Grazer Theater am Lend liegt, ist bemerkenswert, da sich der Spielplan hier sonst eher nur aus eingekauften Gastspielen zusammensetzt. Schließt aber perfekt den Kreis.
Svolikovas letzte beiden Arbeiten Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen und europa flieht nach europa wurden in Wien von Franz-Xaver Mayr inszeniert, der gerne chorisch, rhythmisch, hochtourig und rasant arbeitet, sodass man gar nicht zum Durchatmen oder geschweige denn dazu kommt, nach einem Inhalt zu fragen. Für "Der Sprecher und die Souffleuse" wählte man mit Pedro Martins Beja eher einen Kandidaten für epische Breite und archaische Bilder – eine 180°-Wende.