Der deutsche Beststellerautor Helmut Krausser reagiert sich in „Trennungen. Verbrennungen“ am Zeitgeist ab
Den Vorwurf, #MeToo und die damit einhergehenden Debatten darüber verpasst zu haben, kann man Helmut Krausser nicht machen. Der 1964 geborene Bestsellerautor („Der große Bagarozy“, „Fette Welt“) hat das alles durchaus mitbekommen, er nimmt es nur nicht besonders ernst. Beziehungsweise geht es ihm offenbar gehörig auf die Nerven. Für seinen neuen Roman „Trennungen. Verbrennungen“ greift sich Krausser alle erdenklichen Diskurse über die Dominanz weißer Männer, Sprachregelungen und „Genderwahn“ und stopft sie in eine einzige Figur, die dadurch natürlich zu einer ziemlichen Nervensäge wird.
Die behütete Berliner Professorentochter Alisha Reitlinger kriegt Schnappatmung, wenn ihr Vater Spenden für „Flüchtlinge“, nicht „Geflüchtete“ sammelt, Männern unterstellt sie ohne wirkliche Anhaltspunkte, sie sehr wahrscheinlich im Schlaf missbraucht zu haben, und im Schreibklub auf der Uni verteidigt sie ihr schlechtes Gedicht damit, dass „es keine falschen Konjunktive gebe, es gebe ja auch keine illegalen Menschen“. Eine Figur zum Davonlaufen. Oder aber ein willkommener Boxsack für entsprechend geartete Aggressionen, je nach Geschmack der Leserinnen und Leser.
Wie das Klischee vorsieht, rasiert sich Alisha aus Prinzip die Beine nicht und entdeckt im Laufe des Romans ihre lesbische Liebe zur 19-jährigen Caro. Aber die hat halt längst für sich geklärt, dass sie vor allem straight ist und außerdem im Nebenjob Escort-Girl. Einer ihrer Kunden ist Leopold, der unter der suboptimalen Figur seiner Lebensgefährtin ebenso leidet wie sein Kommilitone Gerry darunter, dass seine Freundin, deren reiche Eltern nur im Fortpflanzungsfalle was springen lassen, keine Kinder will.
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