Das Risiko hat sich vollauf gelohnt: Ferdinand Schmalz rettet den Jedermann-Stoff ins 21. Jahrhundert
Eines von Karin Bergmanns lang angekündigten Großprojekten für ihre Intendanz am Burgtheater war eine Neuinszenierung des „Jedermann“ als Gegenpol zur jährlichen Pflichtveranstaltung bei den Salzburger Festspielen. Dort wird das gut 100-jährige Drama von Hugo von Hofmannsthal jeden Sommer aufgeführt, obwohl sich alle einig sind, dass es seinen Relevanzzenit längst überschritten hat. Bergmann wusste, dass ihr Vorhaben nur mit einer Neudichtung funktionieren konnte, und beauftragte den populären steirischen Autor Ferdinand Schmalz mit einer solchen.
Ein mutiger Vertrauensbeweis, wurden Schmalzens verschmitzte Sprechopern bisher doch auf deutlich kleineren Bühnen umgesetzt. Die Uraufführung durch Stefan Bachmann im Haupthaus der Burg beweist, dass sich das Risiko vollauf gelohnt hat: Mit „jedermann (stirbt)“ kommt der Stoff im 21. Jahrhundert an, ohne seine Funktion als große, sprachmächtig dargebrachte moralische Ansage aufzugeben. Fand Schmalz (auch in der Geschichte, mit der er 2017 den Bachmann-Preis gewann) seinen Genuss sonst in subtilem Klein-Klein und oft selbstgenügsamem Wortwitz, stellt er sein Talent zur Sprachkomposition diesmal in den Dienst jener Themen, die am „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ heute noch bedeutsam sind: Geldgier und Überheblichkeit im Angesicht des Todes. Trotz des existenziellen Gestus bringt manche Formulierung zum Lachen, etwa wenn mitten im erhabenen Moritatengesang der Finanzkapitalismus recht einleuchtend dadurch erklärt wird, dass „geld fickt“: „in all den portmonnaies und den portfolios wird für dich grad gefickt und geld gezeugt“, so Mavie Hörbiger als Mammon.
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