Sie macht nicht gerade das zugänglichste, aber unbestritten aufregendes Theater. Denn Claudia Bosse beschränkt sich mit ihrer in Wien angesiedelten freien Gruppe Theatercombinat nicht auf eine künstlerische Form: Hunderte Interviews und ein Text-, Sound-, Bild- und Bewegungsarchiv verarbeitet sie in Installationen und Endlos-Performances zu immer neuen Schritten zum „Ideal Paradise“. Die gebürtige Deutsche schließt ihre entsprechend betitelte mehrjährige Reihe nun mit einer „nomadischen Stadtkomposition“ ab. Sprich: einem Stadtrundgang mit viel Performance, viel Politik und wahrscheinlich eher wenig Paradies. Am Dienstag ist Premiere.
Falter: Frau Bosse, Die Stadterkundung „Ideal Paradise“ führt an Orte wie das Caritas-Lager Mittersteig und ein Gelände in der Mollardgasse. Wie kam es dazu?
Im letzten Herbst wurden uns für ein geplantes Projekt bereits zugesagte Räume wieder entzogen, weil sie dringender als Flüchtlingsunterkünfte benötigt wurden. Aufgrund dieser Raumnot beschloss ich, in die Stadt auszuweichen. Der jeweilige Raum ist immer Koautor meiner Arbeiten. Das Carla ist eine Art Archiv vermuteter Lebens- und Wohnnotwendigkeiten. Die brachliegende Fläche in der Mollardgasse ist scheinbar leer und birgt zugleich unzählige Spuren der Vergangenheit dieses Hauses. Indem wir den Raum betreten, wird er aktualisiert, die Zeitebenen kollidieren.
Ist das Arbeiten im öffentlichen Raum nicht lästig? Hat man da nicht ‒ bei Proben wie Aufführungen ‒ ständig unqualifizierte Schaulustige?
Nein, das ist großartig, da man permanent mit anderen konfrontiert ist: mit ihrem Wahrnehmen, Lesen, Kommentieren, dem Fasziniertsein oder auch kopfschüttelnden Unverständnis. Sobald man der Beobachtung der anderen ausgesetzt ist, wird hinterfragt, was man tut. Ich hätte gerne die Möglichkeit, fast nur noch so zu arbeiten: die Stadt zum Labor meiner Arbeit zu machen. ...
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