Der US-Autor Ayad Akhtar über sein Erfolgsstück „Geächtet“ und wie er sich von Kafka losriss, um den Islam zu erforschen
Der brisanteste zeitgenössische Dramatiker der Vereinigten Staaten ist zurzeit wohl Ayad Akhtar, 46. In den Stücken des Muslimen mit pakistanischen Wurzeln geht es um Rassismus und Patriotismus, Reichtum und Armut – hauptsächlich aus der Sicht der vermeintlich liberalen Elite. Akhtar beschreibt amerikanische Muslime, die weder als Terroristen noch als Opfer dargestellt werden, sondern das kapitalistische System ebenso mittragen wie die Weißen. Damit trifft er einen Nerv der Zeit.
2013 gewann der ausgebildete Schauspieler den Pulitzer-Preis für sein erstes Drama „Disgraced“. Darin gesteht ein muslimisch-amerikanischer Anwalt beim Abendessen mit Freunden, die Ereignisse vom 11. September 2001 doch etwas anders wahrgenommen zu haben, als das zum guten Ton gehört.
Die deutsche Übersetzung „Geächtet“ läuft mit großem Erfolg an Staats- und Privattheatern im deutschsprachigen Raum. Zur österreichischen Erstaufführung am Burgtheater reist Ayad Akhtar persönlich an. Obwohl kein Freund von Interviews, stellte er sich vorab den Fragen des Falter. Und obwohl in seinen Stücken vielleicht ein Funke einer Erklärung steckt, wie es zu einem Wahlsieg Donald Trumps kommen konnte, ließ Akhtar die Trump-Fragen lieber aus.
Falter: Mr. Akhtar, was macht „Geächtet“ auch auf deutschsprachigen Bühnen so erfolgreich?
Ayad Akhtar: Ich glaube, Deutsche müssen mit ihrer Geschichte auf andere Art und Weise fertig werden als andere Kulturen. Deshalb halten sie auch Widerspruch im öffentlichen, intellektuellen Raum ganz gut aus.
Gibt es Aspekte von „Geächtet“, die das österreichische Publikum anders wahrnehmen wird als das amerikanische?
Akhtar: Die deutschsprachige Literatur hat eine große Tradition des Außenseitertums. Ich denke, die deutschsprachigen Zuschauer werden sich mit dem Archetypen des Rebellen in einer neuen Version konfrontiert sehen. Ob sie ihn annehmen oder ablehnen, wird viel darüber aussagen, wie sie die vermeintlichen Spaltungen zwischen dem Islam und dem Westen wahrnehmen. Ich bin sehr gespannt, was das Wiener Publikum daraus macht.