Unverkäuflich
Nach „Triest“ bringen Manuel Rubey und Thomas Stipsits ihr zweites gemeinsames Programm heraus – als Familienbetrieb. Zwei Männer über Männlichkeit, Seelenverkäufe und Alfred Dorfer
Es war die schönste Bromance des Jahres 2011. Der Film-, Fernseh- und in abnehmendem Maße Bühnenschauspieler Manuel Rubey und der eingefleischte Kabarettist Thomas Stipsits lernten einander kennen und waren sofort verliebt. Die Frucht ihrer künstlerisch produktiven Gemeinschaft war das Programm „Triest“, das nicht Theater und nicht Kabarett war und doch eigentlich beides. Einen Jux wollten sie sich machen, etwas ausprobieren, was ihnen gefiel und ihre ungleichen künstlerischen Wege zusammenführte. „Triest“ war entgegen jedem Gesetz komödiantischer Grundregeln so erfolgreich, dass sie es vier Jahre lang spielten. Währenddessen bauten beide ihre Karrieren aus, Rubey in Schalko-Serien und Kinofilmen („Gruber geht“), Stipsits mit zunehmenden Ausflügen vor die Kamera („Braunschlag“, „Schnell ermittelt“, „Das ewige Leben“). Und natürlich ging man bald schon mit dem Zweiten schwanger.
„Gott & Söhne“: So wie im neuen Programm (im neuen Stück, muss man eigentlich sagen) ein dubioses Dienstleistungsunternehmen im Mittelpunkt steht, haben sich Rubey/Stipsits auch immer als Firma, als Marke begriffen. „,Triest‘“, sagt Rubey, „war eine große Behauptung darüber, wie man zusammenarbeiten kann.“ Diese Marke geht nun den neuen Weg des Kabaretts weiter: Wieder gibt es Anspruch statt Einserschmähs und statt bloßer Stand-up-Tiraden eine durchgezogene Geschichte für eine Reihe neuer Figuren, in die Rubey, Stipsits – und Stipsits schlüpfen. Thomas’ Bruder Christian, stets als Techniker mit auf Tour, darf diesmal auch auf die Bühne. Und obwohl „Gott & Söhne“ inhaltlich kein „Triest 2“ ist, gibt es für Hardcore-Fans eine gute Nachricht: Die köstlichen Georg-Friedrich-Brüder aus dem ersten Programm kommen wieder. Der WIENER traf Manuel Rubey und Thomas Stipsits im Stadtsaal zu den sommerlichen Proben für die Premiere am 30. September.
Rubey ist überall, Stipsits ist überall. Wie haben Rubey/Stipsits überhaupt Zeit für so etwas?
Rubey: Es ist mehr los, aber wir hatten diesmal auch mehr Zeit, weil wir das letzte Programm vier Jahre gespielt haben. Für „Triest“ hatten wir nur ein Jahr Zeit, weil wir einander kennengelernt und sofort zu schreiben begonnen haben. Diesmal ist durch die Tour einiges in das neue Programm eingeflossen.
Schreibt man da in den Pausen von „Triest“ an „Gott & Söhne“?
Rubey: So streberhaft sind wir nicht. Aber man erlebt gemeinsam Dinge, lernt interessante Menschen kennen.
Stipsits: Im neuen Programm kommen Figuren vor, die mit uns auf Tour waren. Die gab es nur bei uns im Auto, sind auf der Bühne aber eher nicht aufgetreten. Diese Figuren haben sich für das neue Programm geradezu aufgedrängt.
Rubey: Im Gegensatz zu uns sind die auch richtig nervös, weil sie jetzt erst Premiere haben.
Gilt das auch für die Figur des Bruders von Thomas Stipsits?
Rubey: Den Bruder haben wir uns ausgedacht. Der Thomas war lange ein Einzelkind!
Stipsits: Dann haben wir einen Techniker gebraucht, und Manuel hat gesagt: „Erfinde doch einen Bruder!“ Ist ganz gut geworden und sieht mir auch ein bisschen ähnlich.
„Gott & Söhne“ ist eine Firma, die Glück und Zufriedenheit verkauft. Wie sieht der Businessplan aus?
Stipsits: Der Konzernchef betont immer wieder, dass er im Gegensatz zu anderen Firmen das Erfolgsrezept transparent macht: Du unterschreibst, kriegst dein Glück und musst dafür über eine bestimmte Hürde gehen. Man bezahlt nicht in Form von Geld, sondern mit einer kleinen Gefälligkeit.
Klingt nach dem klassischen Seelenverkauf. Wofür würden Sie Ihre Seele verkaufen?
Rubey: Meine Kinder, Familie, engste Freunde.
Stipsits: Ja, für meinen Sohn und meine Frau. Die Frage stellen wir uns lustigerweise im Programm selbst auch. Wenn ein Produzent kommt und dir eine Bombenrolle anbietet, für die du ein Jahr weg bist, dann siehst du halt deine Kinder nicht, aber dafür wirst du berühmt. Was machst du da?
Rubey: Ich glaube, unbewusst verkauft man seine Seele in kleinen Teilen immer wieder.
Ist das der Grund, dass Ihre Frauen, Stefanie Nolz und Katharina Straßer, auf dem Plakat als Mitwirkende angeführt sind?
Rubey: Sie sind die Einzigen, die ab dem allerersten Entwicklungsschritt einer Geschichte dabei sind, und sie geben oft wertvolle Tipps. Dem wollten wir Rechnung tragen.
Stipsits: Und sie bekommen die Launen zu spüren, die mit so einem Entwicklungsprozess verbunden sind. Wenn ich zu Hause nur in einer Figur rede, findet das die Katie eine Zeitlang eh lustig, aber dann sagt sie: „Du, ich kenn den jetzt schon, kannst du ihn wieder ausblenden?“
„Triest“ war irrsinnig erfolgreich. Das weckt hohe Erwartungen an den Nachfolger. Gibt es Erwartungen, die Sie bewusst enttäuschen werden?
Stipsits: Wir haben uns wieder sehr viel angetan und darauf geachtet, dass es eine griffige, interessante Geschichte wird. Wir verlassen uns nicht auf die Dinge, die auf jeden Fall funktionieren. Alles ist durchkomponiert, es gibt ein Sound- und Lichtkonzept, und wenn man bei der Hälfte erst einsteigt, weiß man nicht, worum es geht.
Rubey: Diesbezüglich haben wir die Schrauben eigentlich noch weiter gedreht. Alles, wovon ich bei „Triest“ dachte, es sei zu komplex für den Kabarettkontext, machen wir noch stärker. Ich hoffe, dass das Publikum diesen Schritt auch noch mitgeht. Was auch anders ist: Wir haben von Anfang an einen nicht unbedeutenden Regisseur an Bord.
Wie darf man sich Regieanweisungen von Alfred Dorfer vorstellen?
Rubey: Wahnsinnig liebevoll. Er hat so einen großen Respekt vor jeder Art von Idee. Ich kenne vom Theater nur Egomanen, und das ist der Fredi gar nicht.
Stipsits: Man spürt, wie viel Erfahrung er in dem Bereich hat. Er nimmt den Druck gut heraus, indem er sagt: „Wenn wir streichen müssen, haben wir eh eine Luxusarbeit.“ Ich bin echt verblüfft, wie schnell wir die Scheu vor ihm verloren haben.
Kommt es für Sie infrage, je wieder etwas solo zu machen?
Stipsits: Es reizt mich schon, aber nicht im Moment. Gerade ist die Gruppe schön.
Rubey: Ich müsste mir die Frage stellen, ob ich überhaupt Solokünstler sein will und kann. Aber ich habe nie so weit vorausgedacht, wie ich es jetzt ohnehin schon tue, indem ich mir fixe Termine für 2017 ausmache.
So, und jetzt noch etwas über Männlichkeit, weil wir ja ein Männermagazin sind.
Stipsits: Unmännlich ist ein Bandscheibenvorfall. Männlich wäre, mit angeschossener Kniescheibe noch jemanden aus einem brennenden Haus zu retten. Im Film. Im echten Leben fühle ich mich sehr männlich, weil ich zu Hause für die Küche zuständig bin. Ich liebe es, den Geschirrspüler ein- und auszuräumen.
Rubey: Das liebe ich auch, seitdem du mir gezeigt hast, wie buddhistisch man das betreiben kann. Wenn ich beim Thomas den Geschirrspüler einräume, räumt er ihn wieder aus und neu ein. Man könnte es auch Monk-isch nennen, aber es hat System und ist ökologisch, weil so mehr reingeht.
Stipsits: Was ich auch sehr männlich finde, ist, dass ich bei meinem Sohn Emil von Anfang an Windeln gewechselt und Flascherl gemacht habe. Wenn meine Frau Theaterproben hat, genieße ich die Bubenabende.
Rubey: Einmal waren wir zu dritt beim DM. Das war auch männlich.
Premiere am 30. September im Stadtsaal