Spaziergang mit einem Bösewicht
Rick Yune liebt Wien. Wer ist das und warum?, werden Sie fragen. Nun, erschöpfend klären konnten sich diese Fragen nicht, aber fest steht: Rick Yune liebt Wien. Eine hochsommerliche Begegnung am Ring.
Er ist wieder da! Hollywoods asiatischer Lieblingsbösewicht Rick Yune war zuletzt bei der WIENER-Galapremiere des Weißes-Haus-Geiselnahme-Actionreißers „Olympus Has Fallen“ zugegen. „Das war viel schöner als die Premieren in Amerika, weil die Leute einfach nur Spaß haben und nicht krampfhaft ein Gesichtsbad nehmen wollten“, erinnert er sich. Und jetzt, zwischen einem sozialen Projekt in Botswana und weiteren Reisen nach Paris und Singapur, genießt er ein verlängertes Wien-Wochenende. Er ist im Grand Hotel abgestiegen und erfreut sich des Sonnenscheins und der elegant gekleideten Frauen, die auf der Ringstraße an uns vorbeischlendern. „Ihr wisst hier, wie man lebt“, schwärmt er. „Hier ist nicht alles Arbeit. Wien ist nicht so globalisiert wie andere Städte. Es hat sich eine Authentizität bewahrt, hier ist die Geschichte nicht zugedeckt worden.“
Nun herrscht üble Klischeegefahr. Eh klar, alle Japaner stehen auf die Oper, auf alles, was Habsburg atmet, und jeden Stein, den die Wiener Philharmoniker mal beschallt haben. Der Fehler beginnt aber schon damit, dass Rick Yune, geboren und aufgewachsen in Washington, D.C., ein waschechter US-Amerikaner ist und seine Vorfahren aus Korea stammen. Als beinharter (nord!)koreanischer Terrorist durfte er in „Olympus“ denn auch den US-Präsidenten in Schach halten und das halbe Weiße Haus niedermetzeln. „Ich war schockiert, wie viele Frauen das angetörnt hat“, berichtet er.
Auf eine allzu klare Schwarz-Weiß-Trennung will er sich jedoch nicht fixieren lassen. „Für viele Menschen auf der Welt ist der amerikanische Präsident der Schurke. Ich bin in Washington aufgewachsen und habe daher den Innenblick. Ich habe mitgekriegt, wie die sogenannten Guten kriminell wurden und trotzdem wiedergewählt, und wie die sogenannten Bösen sich rührend um ihre Familie kümmerten. Hier gibt es einige, die nichts dagegen hätten, das Weiße Haus mal in Beschlag zu nehmen. So fällt denn auch sein Tipp in Sachen Bösewichterpsychologie aus: „Du musst einen Antagonisten so gestalten, als könnte er auch der Protagonist sein: als jemanden, der etwas erreichen will.“
Wissen, wie man lebt
Inzwischen wohnt er nicht mehr in D.C. Ein Agent entdeckte den feschen Wirtschaftsstudenten vor ein paar Jahren zuerst für das Modelgeschäft, dann für Hollywood. Die Kenntnis der Wirtschaft kommt im zugute. „Auch im Film geht es immer darum, Risken einzuschätzen.“ Fast kleinlaut schildert er, er habe Familie in L.A. „Aber ich bin auch sehr viel hier.“ Ein lustiger neuer Wahlwiener also – mit dem Grand Hotel als Homebase für ein Leben auf Reisen: Es klingt, als wisse Rick Yune durchaus selbst am besten, wie man lebt.
Ein bisschen Geheimnis bleibt aber stets. Das betrifft besonders sein aktuelles Projekt, eine neue Netflix-Serie, die generell als eines der geheimnisvollsten Projekte 2014 gilt. Mehr gemunkelt wird hierzulande eigentlich nur darüber, wann der amerikanische Internet-Content-Anbieter und – seit der fulminanten Politserie „House of Cards“ – auch Serienproduzent denn nun endlich in Österreich startet, und wie. Beides ist für ganz bald angekündigt: der Ö-Start und die Serie „Marco Polo“, die wohl die Reise des italienischen Entdeckers zum Hof des Kaisers von China, Kublai Khan zum Inhalt hat. Ganz sicher kann man das nicht sagen, denn Details über die Serie werden gehütet wie Xanadu, der Lustgarten des besagten Kaisers.
Von Rick Yune nun erhofft man sich Insidertipps und zwangloses Geplauder über die aufregendsten Dreherlebnissen. Aber er darf nicht einmal sagen, welche Rolle er spielt. „Ich habe so Lust, darüber zu sprechen“, sagt er. Tut er nicht, dafür versteht er zu teasen: „Die Leute von Netflix legen unglaublich viel Wert auf Qualität; dass Szenen aus budgetären Gründen geändert werden, gibt es da nicht! Da wird etwas ganz und gar Ungewöhnliches aufgebaut, und es wäre sehr respektlos und schade, etwas vorwegzunehmen. Sagen Sie, was tun die Menschen in Wien an einem so schönen Tag?“
Hm, sie gehen vielleicht schwimmen, wenn sie nicht arbeiten müssen...? „Wirklich? Kann man das hier in der Nähe? Wie weit ist es mit dem Taxi?“ Und schon träumt sich der neue Wiener der Herzen mit einem Obstler an den Donaukanal. Für den Winter ist Yune als Opernballgast im Gespräch, freut sich auf Walzerstunden. Wenn Netflix gelauncht wird, das verspricht er jetzt schon, fliegt der Dauergejetlagte sofort wieder in seine Wahlheimat. Da trinken wir dann zusammen ein Stamperl.
Nun, da war ja jetzt. War er da? Hat ihn jemand gesehen? Berichte willkommen!
NETFLIX? NED FIX! – GEHEIMNIS MARCO POLO
RICK YUNE. Er ist 43, aber er hat sich gut gehalten. Als Asia-Model hat er gearbeitet, Wirtschaft hat er studiert, jetzt ist er Filmschauspieler. 2002 stieg er in den Olymp der Bösewichter auf, als er in „Stirb an einem anderen Tag“ James Bond zum Gegner hatte. Apropos Olymp: Die andere prägende Bösewicht-Rolle war ein fieser Nordkoreaner im Weißen Haus 2013: „Olympus Has Fallen“.
MARCO POLO. Im Dezember 2014 soll die Serie auf Netflix starten. Lorenzo Richelmy spielt die Titelrolle, Benedict Wong ist Kaiser Kublai Khan. Einer der vorgesehenen Stuntmans verschwand auf dem Weg zu den Dreharbeiten in dem dubiosen Malaysia-Air-Flieger. Rick Yunes Rolle ist Stand Anfang September noch immer als „to be announced“ angeführt.