Anfang des Jahres hallte ein Luxusproblem der besonderen Art über den Semmering ins winterfrische Wien. Shakespeare’sche oder geografisch passender: Schnitzler’sche Dimensionen nahm das Drama an. Florian Krumpöck und Nina Sengstschmid schlugen Alarm. Die Betreiber des Kultursommers Semmering waren vom neuen Eigentümer des Südbahnhotels vor die Tür gesetzt worden. Gefühlt fünf Minuten später war alles wieder gut: Das Grandhotel Panhans nebenan hatte sie aufgenommen. Übrigens, zeigten sie dem Südbahnhotel die Zunge, werde es diesen Sommer auch noch einen „Kulturpavillon“ und mehr Karten für Konzerte und Lesungen geben denn je.
Wie viele altehrwürdige Hotels mit Kulturprogramm braucht ein Ort mit 514 Einwohnern? Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Antwort wirklich zwei lautet. Nachdem der kulturaffine Investor Christian Zeller das Südbahnhotel gekauft hatte, wollte er dort eine eigene Kulturschiene aufbauen. Zur künstlerisch Verantwortlichen ernannte er die umtriebige Kulturmanagerin Ingrid Skovhus, bis dahin Leiterin des Freundeskreises der Wiener Staatsoper. Sie wird die prachtvollen Räume des Hotels mit Blick weit über die Berge bespielen, das ganze Jahr, hauptsächlich Freitag bis Sonntag. Dieses Wochenende geht es los. Der Falter erreichte Ingrid Skovhus telefonisch in Dresden vor einer Premiere ihres Mannes. Auch der dänische Bariton Bo Skovhus wird selbstverständlich im Südbahnhotel auftreten.
Frau Skovhus, Sie erhielten das kurzfristige Angebot von Christian Zeller, dem neuen Eigentümer des Südbahnhotels, das dortige Kulturprogramm künstlerisch zu betreuen. Mussten Sie lange überlegen?
Ingrid Skovhus: Nein, denn das Südbahnhotel ist ein ganz besonderer magischer Platz. Jeder, der aus Wien und Umgebung kommt, hat eine Geschichte mit dem Semmering. Mich selbst verbindet zwar keine familiäre Geschichte damit, aber ich habe das Südbahnhotel vor vielen Jahren als Zuschauerin der Festspiele Reichenau erlebt. Ich war verzaubert wie jeder, der dieses Grand Hotel betritt.
Haben Sie Ihren Lebensmittelpunkt aus Wien auf den Semmering verlegt?
Skovhus: Ich arbeite von Wien aus und pendle. Im Zug kann man wunderbar arbeiten. Während des Sommers werde ich natürlich öfter hier sein. Es ist ja auch viel besser. Als es vorletztes Wochenende so heiß war, war ich am Hirschkogel für ein Fernsehinterview. Da ist es schon ein paar Grad kühler als in der stickigen Stadt.
Als Leiterin des Staatsopern-Freundeskreises sind Sie ausgestiegen.
Skovhus: Es wäre unmöglich gewesen, beides parallel zu machen. Und der Freundeskreis war aufgebaut: 850 Mitglieder über vier Lockdowns hinweg, man kann nicht sagen, dass ich ein sinkendes Schiff verlassen hätte. Mir fällt auf, dass ich in meinem Leben immer wieder Dinge aufgebaut habe.
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