Als Boardmitglied habe ich selbst erlebt, wie konsequent ihr beide Feedback einfordert, um das Festival stetig verbessern zu können. Ist der Kultursommer bald perfekt?
Caro Madl: Oh nein. Die Probleme werden nur kleinteiliger. Jedes Mal, wenn du dir ein Thema wieder anschaust, öffnet sich ein neues Feld an Fragenstellungen. Wir bemühen uns immer, neue Communitys reinzuholen. 2024 hatten wir erstmals Deaf Performances – etwas, wovon ich zuvor noch nie gehört hatte.
Siglind Güttler: Außerdem müssen wir nachhaltiger werden. Schaffen wir es, mehr Radabstellpositionen bei den Bühnen genehmigt zu bekommen? Und Fotovoltaik auf den Containerdächern zu installieren? Das sind lauter sehr technische Fragen.
Madl: Und finanzielle. Kann ich mir die Gebärdendolmetschung statt für zehn für hundert Vorstellungen leisten?
Welchen Weg seht ihr in der Programmierung?
Güttler: Hier kann die Mehrsprachigkeit noch ausgebaut worden. Unser Ziel ist, den Call immer weiter zu streuen und auch fremdsprachigen Gruppen zu zeigen, dass sie sich bewerben können. Das gilt auch etwa für blinde und gehörlose Personen. Die sollen das Vertrauen und das Wissen bekommen, sich zu bewerben.
Ein Kritikpunkt der Szene(n) ist, dass sich Unterschiede zwischen musikalischen und performativen Acts nicht im Honorar niederschlagen: Geld gibt es pro auftretender Person, und in jedem Genre gilt ein Schnitt von drei Auftretenden. Sind hier Änderungen vorgesehen?
Güttler: Diese Debatte muss weitergeführt werden. Ich bin überzeugt, dass sich die Lösung nicht einzig im Honorar findet. Es freut mich immer, wenn die Boardmitglieder einander die unterschiedlichen Produktionsbedingungen der Genres zugänglich zu machen. Denn das Bewusstsein über die eigene Blase hinaus ist hier erstaunlich gering. Zum Beispiel, dass es für Musik und Kabarett im Entstehungsprozess oft viel weniger Geld gibt als etwa für Theater und Tanz. Auch ein Musik-Act kann einen Choreografen oder eine Texterin haben. In Wahrheit ist der Honorarunterschied insgesamt also gar nicht so groß, wie du vielleicht denkst. Aber diejenigen, die gewohnt sind, den Probenprozess bezahlt zu bekommen, melden sich eher.
Madl: Was aber stimmt, ist, dass die Bühnen es manchen performativen Genres schwerer machen. Wir bleiben ein Freiluftfestival. Für Theaterstücke, die für eine Blackbox konzipiert sind, werden wir nie das richtige Format sein. Das hat sich mittlerweile aber auch herumgesprochen.
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