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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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SHEAR FASZINIEREND – Rezension im Buchkultur-Bücherbrief März 2023 und in der Buchkultur 207

March 14, 2023 Martin Pesl

Ann Cotten verarbeitet ihre Hawai‘i-Reise literarisch und höchst originell.

Es ist gar nicht so leicht, einen Text von Ann Cotten zu rezensieren und ihr dabei gerecht zu werden. Aber es macht Spaß, es zu versuchen. Die in Iowa geborene österreichische Autorin verwendet nämlich ihre ganze eigene Art des Genderns, die inzwischen in einem kleinen Kreis ihrer Kollegennni Schule macht. Nein, die drei n sind kein Fehler, sondern »polnisches Gendering«: Alle Buchstaben aller mitgemeinten Varianten kommen vor, nur in anderer Reihenfolge. Cotten nutzt diese wahrscheinlich von ihr selbst erfundene Methode mit so heiterer Selbstverständlichkeit, dass die Lesernnnie bei der Lektüre ihres neuesten Streichs »Die Anleitungen der Vorfahren« schon nach kürzester Zeit nicht mehr darüber stolpern – ein wesentlicher Schritt zum Erfolg gendersensibler Sprache. Mit dem Polnischen an sich hat das übrigens nichts tun.
 
Auf die nonbinäre Hauptfigur der »Anleitungen« wird also mit Pronomen wie »sier«, »seihrne« und »siehn« verwiesen. Aber nicht nur sier ist keiner Schublade zuzuordnen, das ganze Werk schwebt heiter über den Genres. Gedichte, vielleicht Songs in deutscher und englischer Sprache finden sich da, Zeichnungen und Fotos, philologische Gedanken zur Translationswissenschaft unter Rückgriff auf seriöse Quellen – Cotten nimmt selbst literarische Übersetzungen vor – und so etwas wie eine Handlung: Dier Protagonistni, wohnhaft in Wien, was sich in der Nutzung von Insider-Ausdrücken wie Mahü (für die Mariahilfer Straße) niederschlägt, und des Japanischen bereits kundig, fliegt nach Hawai‘i und macht sich dort allerlei Gedanken über die Sprache und Kultur der Einheimischen. Auf die Vorfahren und ihre titelgebenden Anleitungen kommt Cotten dabei immer wieder zurück.
 
Dem Entstehen des Buches ging ein Recherchestudium an der Universität Hawai‘i voraus. Gut möglich, dass Cotten die dort erlangte Inspiration relativ ungefiltert und unsortiert in diesen originellen Band fließen ließ. Für Leseanfängernnnie ist ihr Werk gewiss nichts – Ijoma Mangold bezeichnete es als »Schlag ins Gesicht derer, die finden, man müsse Literatur auch verstehen können«. Für diejenigen, die einverstanden sind, dass Literatur auch dann Freude bereiten kann, wenn man nicht alles versteht, ist »Die Anleitungen der Vorfahren« jedenfalls ein Quell überraschender Blicke auf Faszinierendes wie Worte (sprachenübergreifende Homophone wie »shear« und »schier« haben es Ann Cotten und ihrer Hauptfigur besonders angetan), Dinge und Menschen. (Martin Thomas Pesl)
 

Ann Cotten
Die Anleitungen der Vorfahren
Edition Suhrkamp, 160 S.

In Autor Tags Literatur, Buchkultur, Bücherbrief, Rezension, Österreich, Sprache

IN DIE WÜSTE GESCHICKT – Buchrezension im Buchkultur-Bücherbrief Juli 2022

July 22, 2022 Martin Pesl

Steffen Menschings neuer Roman ist ein Pageturner.

Kann es wirklich sein, dass sich diesen Plot zuvor noch niemand ausgedacht hat? Steffen Mensching, Theaterintendant und Autor des Opus magnum „Schermanns Augen“, hat einen veritablen Pageturner mit der idealen Ausgangssituation geschaffen: Der steinreiche Unternehmer David Hauser wird über irgendeinem kargen Brachland mit dem Flugzeug abgeworfen. Weit und breit um ihn keine Menschenseele. Während Hauser in einem unbekannten Land ums Überleben kämpft, spielt er im Kopf alle möglichen Szenarien durch: Wer könnte ihm das angetan haben? Der kommunistische Vater? Die schwurblerische Schwester? Der Anwalt? Die persönliche Referentin? Und warum? So erfahren die Lesenden eines packenden Wildwest- (oder nicht doch eher Wildost-?) Abenteuerromans nebenbei allerlei Biografisches.

Der Titel des Romans mutet seinem Protagonisten gegenüber fast ein bisschen gehässig an: „Hausers Ausflug“. Mindestens diese Behandlung hat Hauser aber auch verdient, Sympathieträger ist er keiner. Die Box, in der er buchstäblich in die Wüste geschickt wird, ist die Basis seines Geschäftsmodells. Mehrere Staaten buchen die unbemannten Flugzeuge seiner Firma AIRDROP, um betäubte Schubhäftlinge punktgenau und sicher in ihre Herkunftsländer zurück zu verfrachten.
Das Buch spielt im Oktober 2029: Corona (beschrieben als „die erste Pandemie“) und der Ukraine-Krieg finden als zeitgeschichtliche Selbstverständlichkeiten Erwähnung. Seine existenzialistische Prämisse und der Sprung in die nahe Zukunft machen es dem Autor leicht, alles Mögliche ein bisschen zu streifen: Asylpolitik, Generationenkonflikt und die Befindlichkeiten eines mittelalten, zynischen und reichen, infolgedessen einsamen weißen Mannes. In die Tiefen eines Charakters vorzudringen, hat man ja gar keine Zeit, wenn man ihn schmerzverzerrten Gesichts dabei begleitet, wie er tapfer seinen eigenen Urin herunterschluckt.

Lange dauert es freilich nicht, da bekommt Hauser Gesellschaft: Ein alter Schäfer nimmt ihn gefangen. Dessen Schweigsamkeit, ja vermeintliche Gehörlosigkeit wirft jedoch, anstatt Antworten zu liefern, noch mehr Fragen auf. Die Hoffnung auf die Lösung sämtlicher Rätsel schwindet mit fortschreitender Lektüre. Das stört ausnahmsweise aber nicht, denn die ungewöhnliche Dynamik der beiden Männer hält im zweiten Teil der Geschichte bei der Stange.
Anschauliche Beschreibungen und eine erkennbare Lust an der eigenen Idee machen Steffen Menschings neuen Roman zwar zu keinem „Jahrhundertroman“ (wie Christoph Hein den Vorgänger „Schermanns Augen“ nannte), aber zu einer fesselnden Lektüre.(Martin Thomas Pesl)

Steffen Mensching
Hausers Ausflug
Wallstein, 249 S.

In Autor Tags Buchkultur, Bücherbrief, Rezension, Literatur

KEINE RÜCKGABEFORDERUNGEN – Buchrezension im Bücherbrief März 2021 der Buchkultur

March 18, 2021 Martin Pesl
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Kazuo Ishiguro erzeugt auch als Nobelpreisträger dieses wunderbare Unbehagen

Manchmal wäre einem ja am liebsten, die Leute setzten sich zur Ruhe, sobald sie den Nobelpreis haben. Dann können sie auch nichts mehr kaputt machen. Nicht nur im Bereich Frieden, auch in der Literatur erwies sich die Angst vor dem Danach oft als berechtigt. Nun ist wieder Zeit, sich ihr zu stellen, denn Kazuo Ishiguro bringt erstmals seit seiner Auszeichnung 2017 ein neues Werk heraus.  

Wie so oft fordert der Brite das Wohlwollen jener heraus, die ihn eines bestimmten Romans wegen verehren. Zuletzt folgte auf einen Künstler-, ein Detektiv-, dann ein Science-Fiction-Roman und schließlich etwas, das tatsächlich als Fantasy bezeichnet werden musste. Der Neuling „Klara und die Sonne“ verblüfft seinerseits mit einer kindlich-esoterischen Prämisse: Eine künstliche Intelligenz, die gebaut wurde, um Kindern ihre Einsamkeit zu nehmen, harrt im Laden einer Käuferin. Aufgrund ihrer Beobachtungen durchs Schaufenster glaubt Klara fest an die nährende, ja heilende Wirkung der Sonne.

Auch wenn Mitglieder der Schwedischen Akademie sich vielleicht verstört die Augen reiben, gilt weiter, wie sie treffend beschrieben, dass Ishiguro „in Romanen von starker emotionaler Wirkung den Abgrund in unserer vermeintlichen Verbundenheit mit der Welt aufgedeckt hat“. Für die weniger akademischen Fans: Dienstbare Seele gleitet durch entmenschlichende Dystopie, oder „Was vom Tage übrigblieb“ trifft „Alles, was wir geben mussten“. Dem Autor gelingt eine erstaunliche Synthese aus seinen größten Hits.

Obendrein kehrt Ishiguro nach „Der begrabene Riese“ zur Ich-Erzählung zurück, und seine Erzählerin ist sogar eine verhältnismäßig zuverlässige: Klara hat gelernt, die Daten ihrer Umgebung exakt aufzunehmen und zu deuten. Als die jugendliche Josie mit ihrer Mutter in den Laden kommt, soll Klara Josies Gang möglichst exakt nachmachen. Obwohl sie nicht der fortgeschrittenen Generation B3 angehört, brilliert sie und wird fortan die KF – künstliche Freundin – des gesundheitlich angeschlagenen Mädchens. 

Der futuristische Schauplatz ist ein Amerika, das durch die Schilderungen von Leistungsdruck, Rang und Technisierung (auch natürlich in Kenntnis von Ishiguros Herkunft) von etwas Japanischem überlagert wird. Wir orientieren uns durch Klaras Augen immer ungenau genug, um gefesselt die Stirn zu runzeln, was hier eigentlich vor sich geht, und atemlos bis zum Ende durchzulesen. Dann, mit diesem mulmigen Ishiguro-Gefühl in der Magengrube, atmen wir auf. Obwohl dies ein äußerst unkonventioneller Roman für einen Nobelpreisträger ist: Derweil stehen keine Rückgabeforderungen an. (Martin Thomas Pesl)

In Autor Tags Buchkultur, Rezension, Bücherbrief

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