Der Bildermacher
Jetzt sind die Bilder fertig und werden nach und nach auf eine eigens gebaute Maschine gespannt, um das Roadmovie in Gang zu setzen. Beginnen wird es auf einem Hügel bei Rom, von wo aus drei ulkige vatikanische Kardinäle („the Marx Brothers of Faith, wie ich sie nenne“) die Hauptfiguren (zu denen auch der Teufel gehört) auf eine kuriose Ost-West-Fahrt durch die USA schicken. Enden werden sie in Los Angeles, denn Hollywood, erklärt Honetschläger, bildet das natürliche Pendant zu Rom.
Wie das? „Der Westen dominiert nach wie vor die Welt, weil wir die Macht über die Bilder in Händen halten. Rom und L.A. bilden dabei eine Achse, denn der Vatikan war Hunderte von Jahren als Auftraggeber für den Großteil der Bilderproduktion verantwortlich, und in den letzten hundert Jahren hat das Hollywood übernommen. Wenn du in einem nicht christlichen Land lebst, andere Vorstellungen von Welt, Leben und Liebe hast, bohrt sich so ein Hollywood-Film leicht in dich hinein. Der ist so verführerisch und reizvoll, dass du dir das auch wünschst. Daher hat die Macht, wer die Bilder macht.“
Dass er besagtem nicht christlichen Kulturkreis, Japan, 2011 den Rücken kehrte, hing auch mit dem Reaktorunfall von Fukushima zusammen, aber nicht nur: „Nachdem ich in Tokio alles an Geschichte und Literatur eingesogen hatte, dachte ich mir: Was weiß ich eigentlich über meine eigene Kultur als Europäer? Und da musst du in Rom anfangen.“ Prompt zog er hin und machte die Filmtrilogie „Colors“, gefolgt von einem Film über Sizilien, das „wie eine Torte im Meer liegt“, daher der Titel: „Il mare e la torta“. In dem Spielfilm stieß Friedrich II. auf eine Reihe lebender und real mitwirkender Inpselersönlichkeiten, vom Bürgermeister Orlando bis zum Cellisten Giovanni Sollima.
Die letzten drei Sommer hat Honetschläger in Umbrien verbracht, wo er im Haus der bedeutendsten Caravaggio-Restauratorin des Landes an seinen Filmen schnitt. Auch sie bezahlte er mit Kunst. „Als gelernter Österreicher kommt man ohne Italien schwer aus. Es ist uns doch sehr nah, nicht nur geografisch“, so die Conclusio. Und das hat eben in erster Linie mit der christlichen Kirche zu tun, die ihn grenzenlos fasziniert. „Du kannst noch so ausgetreten sein ‒ wie ich ‒, du kannst die Religion noch so sehr hassen, aber es ist halt nicht möglich, an einem Haus in Wien vorbeizugehen, ohne dass diese christliche Welt mit ihrer Symbolik und allem, was sie repräsentiert, in dich hineinkriecht.“ Die 1,2 Milliarden Seelen weltweit, die der Papst von Rom aus verwaltet, machen ihn zum Milliardär, zum „Billionaire“ eben.
Der Pleaser
Honetschlägers atheistische Freunde befürchten schon, sie könnten ihn nachher nicht mehr mögen. Deshalb ist es ihm auch wichtig zu betonen, dass er eben keinen religiösen Film macht. „Die Inhalte sind egal, es ist auch egal, wer Papst ist, es geht um den Machtfaktor, den die Institution darstellt.“ Perfekt knarzend mit dem rollenden Ami-R fügt er dann noch hinzu: „I’m a pleaser, I like to please people. Die tiefsinnige Botschaft muss nicht jeder mitkriegen. Der Film soll vor allem unterhalten, ein gutes Gefühl vermitteln.“ Und spätestens jetzt ist klar, dass Edgar Honetschläger nicht das ist, was man einen österreichischen Filmemacher nennt. Sondern viel mehr.