Unerträglich kann es aber auch sein, wenn sich die Schwere verflüchtigt. Wenn wir annehmen, dass sich gar nichts (wie von Nietzsche behauptet) wiederholt und dass alles vergänglich ist. Das heißt ja dann, auf den Punkt gebracht in der Einleitung zu Milan Kunderas weltberühmtem Roman, der vor 30 Jahren erschien, dass „alles von vornherein verziehen ist und folglich auch alles auf zynische Weise erlaubt.“ Und wer damit nicht umgehen kann, leidet unter der „unerträglichen Leichtigkeit des Seins“. Die Fotografin Teresa zum Beispiel. Ihr Mann Tomas ist ein Womanizer, für den Sex und Liebe nichts miteinander zu tun haben; die gemeinsame Freundin Sabina lebt als Künstlerin und Freigeist. Da kommt Teresa schon ins Philosophieren darüber, dass sie den Hund eigentlich viel mehr, oder sagen wir: besser liebt als ihren Mann.
Das hemmungslose Philosophieren, von dem die Handlung umschwemmt wird, ist wohl auch der Grund, warum viele Menschen weltweit die „Leichtigkeit“ wie eine Bibel mit sich herumtragen. Mit weiser Ironie teilt Kundera die Menschen in immer neue Kategorien ein. Zum Beispiel: „Wir alle haben das Bedürfnis, von jemandem gesehen zu werden.“ Die einen von einem Massenpublikum, andere von dem geliebten Menschen, wieder andere von der Society und die vierten vom imaginären Blick abwesender Menschen. Das steht dann so da, unbestreitbar und wahr. Wie der Buchtitel selbst schwebt so jede Seite über der Einteilung in Positives und Negatives, und Kundera gelingt schulterzuckend das Absurdum einer heiteren Melancholie.
Dass die Wirren des Prager Frühlings 1968 den örtlichen Rahmen für die inneren Bewegungen seiner Figuren bilden, gab dem Buch auch noch politisches Feuer. In die 1988 erschienene Verfilmung mit Daniel Day-Lewis, Juliette Binoche und der sexy Schwedin Lena Olin wurde Archivmaterial von den Aufständen eingeflochten.
Milan Kundera war zu diesem Zeitpunkt längst nach Frankreich ausgewandert, wo er heute noch völlig zurückgezogen lebt und hauptsächlich auf Französisch schreibt. Er mochte den Film nicht besonders und erlaubte fortan keine weiteren Verfilmungen seiner Werke mehr. Demnächst wird er 85. Heitererweise: am 1. April.