Auftrag
Besprechung der Performance „Tanz“ in der Sendung „Fazit – Kultur vom Tage“
Auftraggeber
Deutschlandfunk Kultur
Projektinfo
Live am 3. Oktober 2019, nach 23:05 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur.
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Florentina Holzinger © Something Great
Besprechung der Performance „Tanz“ in der Sendung „Fazit – Kultur vom Tage“
Deutschlandfunk Kultur
Live am 3. Oktober 2019, nach 23:05 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur.
„Diorama“ in Oslo © Istvan Virag
„Moss grows fat on a rolling stone“, sang Don McLean einst in seinem legendären „American Pie“. Diese Liedzeile drängt sich einem bei dem aktuellen Projekt der Choreografin Ingri Fiksdal auf. Die Norwegerin, die gerade ihre Doktorarbeit über „Affective Choreographies“ abgeschlossen hat, lässt ihre Performerinnen und Performer in aller Langsamkeit wie Moos an Objekten in der Landschaft entlangkriechen, gewissermaßen aus ihnen herauswachsen. Sie sind dabei als silbrig-unförmige „Blobs“ kostümiert. Am künstlich angelegten Teich in der Seestadt eröffnet die Panoramaversion von „Diorama“ am Samstag die neue Saison des Brut Wien. Eine Stadtversion im öffentlichen Raum zeigte Fiksdal im Juni beim Festival Sommerszene in Salzburg, rund um den Brunnen vor dem Hauptbahnhof. Dort traf sie der Falter zum Gespräch.
Falter: Frau Fiksdal, was ist der große Unterschied zwischen der Panorama- und der Stadtversion Ihrer Performance „Diorama“?
Ingri Fiksdal: Die Stadtversion findet in der Regel an einem öffentlichen Ort mit großem Menschenaufkommen statt. Wir erreichen damit auch ein großes Publikum, das gar nicht die Absicht hatte, sich eine Aufführung anzusehen. Außerdem kommen die Leute ganz nah an die Blobs heran, können sie anfassen, fragen: „Ist da ein Mensch drin?“ Für die Panoramaversion kann man Karten erwerben, sitzt etwa 50 Meter vom Geschehen entfernt und überblickt eine Landschaft, in die sich die Performer organisch einfügen. Hier geht es eher darum, sich Zeit zu nehmen, Dinge zu sehen, die man im Alltag normalerweise verpasst: allmähliche Veränderungen der Temperatur oder Windrichtung, vorbeifliegende Vögel oder Flugzeuge oder wie die Wellen an der Küste aufkommen. Es hat etwas Meditatives.
Die Spielorte für „Diorama“ müssen immer am Wasser liegen. Wieso?
Fiksdal: Ursprünglich war „Diorama“ ein Auftragswerk, konzipiert für ein Küstenschwimmbecken in einer südenglischen Kleinstadt namens Brixham. Das hat die Art, wie sich die Performer im Stück bewegen, stark beeinflusst. Daher ist es sinnvoll, die Choreografie auch anderswo am Wasser stattfinden zu lassen. Die Komposition ist sehr minimalistisch, in einer Blackbox würde sie nicht funktionieren.
Die Choreografie scheint in vieler Hinsicht die Bewegungen in der Natur nachzuahmen.
Fiksdal: In der Konzeptionsphase haben wir viel über „Deep Time“ gesprochen, die geologische Zeit, in der sich Steine und Landschaften bewegen, ohne dass das für uns sichtbar wäre – außer bei Katastrophen wie Vulkanausbrüchen.
Mehr im Falter 40/19
Das Rathaus wurde für einen Abend zum Wissensmarkt: Martin Pesl traf unter anderem Autorin Ishraga Mustafa Hamid © Franzi Kreis
Zu Beginn und am Ende der Runden dachte man immer, der Krieg sei ausgebrochen. Die Glühbirnen an allen 40 Tischen im Großen Festsaal des Wiener Rathauses blinkten in panischer Blaulichtmanier, begleitet von einem Alarmsignal. Auf die Einhaltung des Zeitplans für die Dialoge beim „Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen“ wurde penibel geachtet. Das Format fand weltweit zum 20. Mal statt, die Mobile Akademie Berlin (Hannah Hurtzig und Marian Kaiser) veranstaltete es zum Thema „Das Rote Wien“ aus Anlass von dessen 100-jährigem Jubiläum.
Für einen bis fünf Euro konnten sich Interessierte an vier Schaltern eine halbe Stunde mit einer Expertin oder einem Experten erwerben. Promis wie Bürgermeister Ludwig und die Köchin und EU-Parlamentarierin Sarah Wiener waren sofort verkauft, die über 100 anderen, weniger bekannten Persönlichkeiten wurden Interessierten von eloquenten Hosts und Hostessen schmackhaft gemacht. Durch die Gänge des Rathauses hallte fast pausenlos die Stimme der Schauspielerin Michaela Schausberger. Mit gleich zwei strengen Brillen kostümiert kündigte sie im Stil einer Flughafenansage an, wenn eine Runde ausverkauft war oder dass „Klient Valentin Hasler! Klient Valentin Hasler!“ sich dringend zu seinem vereinbarten Gespräch einzufinden habe. Von Tribünen rund um die Tische konnten diejenigen, die den direkten Kontakt scheuten oder kein eigenes Gespräch ergattern konnten, ausgewählten Dialogen per Kopfhörer lauschen.
Mehr im Falter 40/19
Hamlet Tim Breyvogel mit Claudius Michael Scherff © Alexi Pelikanos
Bei vielen Hamlets, die man so sieht, ist man geneigt, die Frage nach dem Sein oder Nichtsein klar negativ zu beantworten: Nicht sein! Sterben! Schlafen! Natürlich leidet dieser Depressive mit Familientrauma - Onkel tötete Vater und heiratete Mutter. Dem ist nicht zu helfen, also wird bei Shakespeare allmählich sein sicherer Untergang abgewickelt, wobei er alle anderen mit in den langsamen Tod zieht, der Rest ist Schweigen.
Nicht in St. Pölten. Hier geht es Schlag auf Schlag, und Tim Breyvogel ist als Hamlet zwar vielleicht todessehnsüchtig, aber doch ein Mann der Tat. Das Stück ist hier sein persönlicher Albtraum, und im Traum muss nicht jedes ohnehin vorhersehbare Handlungselement umständlich erklärt werden. Es passiert einfach, in klaren, starken Bildern, wie man sie gerne auch im Theater sieht. Unter einer riesigen Krone dreht sich ungeduldig die Bühne (Max Lindner), die in vier unterschiedlich große Segmente unterteilt ist: ein schwarzes, ein goldenes, ein blaues und eines aus rotem Samt. Darüber huscht Hamlet wie das schlechte Gewissen des dänischen Königshofs, dessen Angehörige noch den Dresscode der jüngsten Begräbnis-/Hochzeitsfeierlichkeiten befolgen (Kostüme: Cedric Mpaka).
Niederösterreichs Landestheater hat sich zur Neuinszenierung des Klassikers einen Engländer geholt, und im angelsächsischen Theater gilt die Devise "Vertraue dem Text!", aber auch das Gebot "Du sollst nicht langweilen". Rikki Henry befolgt beide Leitsätze, vor allem den zweiten. In zwei Stunden netto sind die sechs Spieler und zwei Spielerinnen mit der Handlung durch. Die retardierende Totengräberszene kurz vor dem finalen Fechtkampf vermisst sowieso niemand, dafür wirken einige sonst oft gestrichene Sätze, etwa über das Wesen des Schauspiels, erfrischend neu. Verwendet wird die Übersetzung von Schanelec/Gosch.