Am Kosmostheater betrübt ein Stück über trans- und intergeschlechtliche Personen ebendiese Gruppe
Eine Kritik zu verfassen, ist schwer, wenn man die Kritik schon vor der Tür in die Hand gedrückt bekam. Die antirassistische Gruppe anti*ra_nti* verteilt vorm Kosmostheater A5-Zettel. Darauf formuliert sie „für eine intersektionale, queere Community“ Bedenken gegen das zu zeigende Stück. „Di_ver*se“ ist eine von Autorin und Regisseurin Barbara Herold kompilierte Collage aus Gesprächsauszügen mit Menschen, die physisch nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind oder deren Identität („gender“) sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht („sex“) deckt (siehe Interview Falter:Woche 14/18).
Die Texte auf der Bühne werden von zwei Schauspielerinnen und einem Schauspieler gesprochen. Hierin liegt schon ein Stein des Anstoßes: Diese Angehörigen der Vorarlberger Gruppe dieheroldfliri.at, die sich mit aktuellen Themen (zuletzt: Dschihadismus) beschäftigt, sind cisident, also weiblich bzw. männlich, und sprechen trotzdem in der Ich-Form, wenn sie die interviewten Personen „verkörpern“. Dass letztere für ihre Gesprächsbereitschaft nicht entlohnt wurden, ist ein weiterer Kritikpunkt, ein dritter die klischeehaft humoristische Darstellung.
Wenn Betroffene mit einem sie thematisierenden Werk nicht einverstanden sind, dürfen das Nicht-Betroffene nicht mit einem „Geh bitte“ vom Tisch wischen. Es ist jedenfalls so ernst zu nehmen wie Einwände gegen Blackfacing, also schwarz angemalte weiße Schauspieler. Wenn man sich „Di_ver*se“ dann ansieht, wirkt die bemüht behutsam formulierte Warnung doch etwas verfehlt. Sie legt über die Wahrnehmung des Abends einen unverdient trüben Schleier.
Mehr im Falter 15/18