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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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„ES GEHT IMMER UM ALLES.“ – Interview mit Wolfram Lotz auf buchkultur.net

June 27, 2022 Martin Pesl

© Jürgen Beck

Über ein Jahr lang mit dem Stift in der Hand jeden Gedanken, jede Idee und jede Regung des Geistes zu notieren, schreibend die Dinge zu berühren und somit die Welt aufmerksamer zu sehen, diesen Plan fasste Theaterautor Wolfram Lotz, nachdem er erfahren hatte, dass er ein Jahr in der »Weltabgewandtheitshöhle« verbringen würde: Ein kleines französisches Dorf, in dem seine Partnerin als Lehrerin unterrichtete.

Einzige Bedingung an sich selbst: Der entstehende Text dürfe nie an die Öffentlichkeit gelangen … Warum dieses eigenwillig-faszinierende Tagebuch, obwohl Lotz es am Ende gelöscht hatte, nun doch in Form von über 900 Seiten uns Leser/innen vorliegt und warum Lotz immer noch ein klein wenig damit hadert, erzählt er Buchkultur-Redakteur Martin Thomas Pesl im Interview. Foto: Jürgen Beck. 

Wann und warum haben Sie Ihr über ein Jahr in Frankreich geführtes Tagebuch vernichtet?

Naja, ich habe es gelöscht. Vernichtet ist ein rabiates Wort. Es war ja kein irrationaler Vorgang, sondern eine kühle, rationale Entscheidung. In der Herangehensweise an die Welt sollte es eigentlich ein leichtes Schreiben sein. Eine Art, die Dinge in einer Beiläufigkeit zu berühren und nicht mit einem gewaltsamen Zugang, aber es hat natürlich dennoch etwas Monströses, ein Jahr jeden Tag von morgens bis nachts zu schreiben, zu beobachten – ich hätte das aber irgendwie nicht anders gekonnt. Dieses Monströse musste für mich wahrscheinlich im Nachhinein gebannt werden. Die Entscheidung ist für mich kurz nach dem Schreiben gefallen. Im Frühjahr hatte ich zwei Freunden den Anfang geschickt, das waren nur die ersten 800 Seiten, und der eine, er ist Regisseur, erzählte es in der Kantine weiter. Da rief das Theater bei meiner Theaterlektorin zwei Monate vor Ende an und erzählte ihr, dass ich da was schreibe. Sie wollte das auch lesen, also habe ich ihr genau diese Datei dann halt auch geschickt, eher persönlich, weil wir befreundet sind. Aber natürlich kam es dadurch dann doch näher an eine weitere Veräußerung heran, und das habe ich auch sofort im Schreiben gemerkt. Wichtig war für mich beim Schreiben aber, dass ich es nur für mich mache, als Praxis. Es ging mir nicht um das Erstellen eines Textes, sondern darum, in dem Moment schreibend die Dinge zu berühren, für niemand anderen.

Wobei aus dem ersten Teil hervorgeht, dass Sie ständig mit dem Gedanken gespielt haben, dass es vielleicht doch für die Öffentlichkeit ist.

Tja, das sind die Widersprüche, die man nicht loswird. Am Anfang ist es vor allem ein Runterkommen vom Veröffentlichungsgedanken, also die Idee, es eventuell ins Internet zu stellen, auf den Server meines Bruders, wo es auch technischen Gründen nicht aufzufinden gewesen wäre, ungoogelbar, ich hätte es genauso gut hinter den Schrank stecken können. Bisschen paradox, aber der Gedanke war: es zwar zu veröffentlichen, aber an einer Stelle, wo es niemand lesen kann. Ich hatte mich ja entschieden, ein Jahr lang von morgens bis abends Dinge aufzuschreiben – das muss man vor sich selbst auch erstmal rechtfertigen. Es ist durchaus widersprüchlich, und irgendwie habe ich mich selbst leicht beschwindeln müssen, um mich dann freimachen zu können. Im Schreiben geht es vielleicht immer darum, ein Selbstgespräch zu führen, das aber für die anderen hörbar sein könnte – selbst vor dem Spiegel ist man ja nicht alleine. Sobald man etwas denkend formuliert, geht damit auch immer die Möglichkeit einher, die Gedanken zu teilen – auch wenn man es nicht vorhat. Am Ende wollte ich den Text aber einer Veröffentlichung entziehen, weil ich ihn als Lebenspraxis nicht verraten wollte. Natürlich hätte ich ihn dafür nicht löschen müssen. Aber es ging mir darum, mich der Versuchung zu entziehen. Dem Verlag, ohne lügen zu müssen, zu sagen: Tut mir leid, das gibt‘s nicht mehr.

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In Autor Tags Buchkultur, Interview, Literatur, Frankreich

DIE WELT STEHT AUF KEIN FALL MEHR LANG – Porträt der Nestroyspiele Schwechat im Falter 26/22

June 25, 2022 Martin Pesl

Peter Gruber und Christine Bauer © Katharina Gossow

In der Vorstadt darf Nestroy noch anecken: Peter Gruber und Christine Bauer übergeben das Zepter der Nestroyspiele Schwechat. Zuvor feiern sie noch deren 50. Ausgabe

Peter Grubers künstlerische Vita weist die unterschiedlichsten Einträge auf. 1979 etwa hat der heute 75-jährige Schauspieler und Regisseur den Ostbahn-Kurti miterfunden. Zusammen mit Günter Brödl, dem späteren „Trainer“ dieser so legendären Figur. Noch nicht für Willi Resetarits und die Rock’n’Roll-Bühne freilich, sondern für ein Musical im Theater der Jugend.

Gegen den Strich gebürstete Operetten sind da vermerkt, zahlreiche Sprechtheater-Inszenierungen im deutschsprachigen Raum sowie eine ausgewiesene Expertise für die Dramatiker Georg Büchner, Werner Schwab und Ödön von Horváth, gleichzeitig hat er 27 Jahre lang dem „Traummännlein“ im ORF-Radio seine Stimme geliehen.

Bleiben wird von seinem Schaffen etwas anderes – oder genauer gesagt ein anderer: Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy (1801–1862). Seit ihrem Entstehen 1973 inszeniert und leitet Peter Gruber die Nestroyspiele Schwechat, dieses Jahr zum 50. und, wie er nun endgültig beschlossen hat, letzten Mal.

2020 gab es wegen Corona nur ein kabarettistisches Ersatzprogramm, ansonsten lief jeden Sommer eines der unzähligen Stücke des Volksstückdichters im Hof des Schloss Rothmühle – einer ehemaligen Lederfabrik – in der Vorstadt Wiens. Gruber erhielt für dieses Lebenswerk bereits vor zehn Jahren den Theaterpreis der Stadt Wien, den – genau – Nestroy.

In Autor Tags Porträt, Nestroy, Festival, Theater, Wien, Niederösterreich, Falter

WIEDERGELESEN: ODESSAS ODYSSEUS – Kolumne in der Buchkultur 202

June 22, 2022 Martin Pesl

Isaak Babel und sein vielfältiges Werk: Höchst unterschiedliche Textsorten aus dem Werk des Kurzprosa-Meisters Isaak Babel finden sich im sorgfältig kompilierten Sammelband „Wandernde Sterne“.

Nein, man kann Isaak Babel nicht wirklich als ukrainischen Schriftsteller bezeichnen. Aber er wurde in Odessa geboren und schrieb viel über die heute ukrainische Millionenstadt, griff als Stilmittel immer wieder auf die ukrainische Sprache zurück. Schon damals 1894 war die Stadt am Schwarzen Meer eine Vielvölkermetropole, gehörte dem russischen Zarenreich an und prägte den jungen Babel sehr. Es kann jedenfalls kein Fehler sein, sich in den Wirren des Jahres 2022 mit dem vielfältigen Sprachkünstler und Kriegschronisten zu beschäftigen.

Der Hanser Verlag tut es mit besonderer Sorgfalt. 2014 brachten Urs Heftrich und Bettina Kaibach eine Sammelausgabe der Kurzprosa heraus, für die Babel am bekanntesten ist. In ihrem Folgeband „Wandernde Sterne“ sind nun jene Arbeiten des Schriftstellers versammelt, die nicht unter dem Label „Kurzgeschichte“ oder „Erzählung“ zusammengefasst werden können: vor allem Dramen, Drehbücher, Reisetagebücher, Reportagen und Reden. Was nicht schon in deutschen Übersetzungen des bedeutenden Russisch-Experten Peter Urban vorhanden war, wurde von Bettina Kaibach übersetzt – sogar das Drama „Marija“, das bereits vor zehn Jahren vom Regieteam einer Inszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus eingedeutscht wurde.

Ein Anhang von stolzen, aber keineswegs schwafelnden 100 Seiten geht auf Prinzipien und Schwierigkeiten der Übersetzung ebenso ein wie auf die Biografie Isaak Emmanuilowitsch Babels, seinen künstlerischen Werdegang – er war ein Protegé Maxim Gorkis – und den Spagat, den er in sowjetischen Zeiten versuchen musste, um als „sozialistischer Schriftsteller“ weiter arbeiten zu dürfen und seiner eigenen kritischen Haltung dabei nicht übermäßig untreu zu werden. Ausgerechnet seiner gerade mal zwei Seiten langen biografischen Selbstbeschreibung etwa – einem literarischen CV sozusagen – ist nach Angaben der Mitherausgeberin nicht so richtig zu trauen.

Weiter in der Buchkultur 202

In Autor Tags Kolumne, Buchkultur, Ukraine

DIE UNERTRÄGLICHE LEICHTIGKEIT DES SCHREIBENS – Porträt von Wolfram Lotz in der Buchkultur 202

June 22, 2022 Martin Pesl

Wolfram Lotz hat ein Jahr Tagebuch geschrieben und es dann gelöscht. Der gerettete und nun veröffentlichte Anfang ist Ausdruck größter schriftstellerischer Freiheit.

Das Monströse – irgendwie wohnt es allen Texten von Wolfram Lotz inne. Aber in diesem Fall wurde es ihm zu viel. Die Theaterstücke des 1981 in Hamburg geborenen Autors, etwa „Einige Nachrichten an das All“ und „Die lächerliche Finsternis“, sind stets so geschrieben, dass alle sie aufführen wollen, aber niemand es kann. Zumindest nötigen sie Regisseur/innen zu radikalen Eingriffen, hinter denen die Sprache dennoch kenntlich bleibt, so besonders ist sie. 

Hier aber schrieb Wolfram Lotz einen Text nur für sich, als Selbstversuch. Seine Partnerin trat für ein Jahr eine Stelle als Lehrerin an einer Schule in Frankreich, nahe der deutschen Grenze, an. Das Paar bezog mit den beiden kleinen Söhnen ein Häuschen in einem öden Dorf, weit und breit nichts. „Ich hatte eine immense Panik vor dem Dorf als soziales System, als Weltabgewandtheitshöhle“, erklärt Lotz. „Dadurch entstand dieses Schreiben, auch als Notwehrimpuls. Ich dachte, wenn ich in dieses Dorf gehe, dann sterbe ich da. Nicht buchstäblich, aber innerlich, die Augen sterben, das Leben verschwindet aus mir – und ich dachte, ich will schreibend anhand der Dinge lebendig sein.“ 

Im Tagebuchformat wollte er von morgens bis abends Dinge aufschreiben: was ihm so einfiel, was er sah, wenig über das Familienleben und doch allumfassend, ohne Überarbeitung und ohne Publikation, wobei Letzteres vielleicht doch: „So wie schreiben ja immer sein soll, für mich jedenfalls / SELBSTGESPRÄCH BEI OFFENEM FENSTER / dieses merkwürdige Sowohlalsauch“, heißt es auf der ersten Seite am 8. August 2017.

Notizbücher und Computerdateien füllten sich, das Projekt wuchs zum größten in Lotz’ Leben an. „Ich wusste durch dieses Historisieren ab und zu nicht mehr, ob das, was am Vormittag gewesen war, nicht vielleicht schon zwei Tage zurücklag“, erinnert er sich. Nicht nur Freunde erfuhren von der Existenz des Tagebuchs, auch die Lektorin im Theaterverlag, der die Stücke des Dramatikers vertritt, und in weiterer Folge die deutschsprachige Theaterszene, die bekanntlich ihrerseits ein Dorf ist. Der Wunsch nach Veröffentlichung wurde laut, bei Lesungen präsentierte Lotz sogar Ausschnitte aus dem Text, der allmählich Legende wurde und eine mystische Aura annahm. Dass die nun erschienene Publikation den Titel „Heilige Schrift I“ trägt, ist in jeder Hinsicht passend.

Dann waren zwölf Monate vorbei, 2700 Seiten entstanden. Lotz gab sich ein paar Wochen Bedenkzeit, sicherte ausgewählte Stellen in einer anderen Datei und klickte dann auf „Löschen“. 

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In Autor Tags Buchkultur, Porträt, Literatur, Tagebuch
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