Eine 20-seitige Kurzgeschichte als zweistündiger Theaterabend, wie soll das gehen? Ganz einfach, mit vier weiteren Texten vom selben Autor, viel Musik und Pausen, um Worten und Klängen nachzuhören. Gar nur aus Minimal Music besteht die erste Viertelstunde von „Der Untergang des Hauses Usher“: Josh Sneesby und Tommy Hojsa klopfen Tonleitern in ihre Klaviere. Die theatrale Hommage der Regisseurin Barbara Frey an den amerikanischen Meistererzähler Edgar Allan Poe (1809–1849) kam bei der heuer von ihr geleiteten Ruhrtriennale heraus. Jetzt wandert die Inszenierung ans Burgtheater.
In der titelgebenden Hauptgeschichte verfolgt der Erzähler den gesundheitlichen Verfall seines Kindheitsfreundes Usher und dessen Zwillingsschwester. Schwermut und Entsetzen, Krankheit und Tod sind wiederkehrende Motive auch in den anderen Ich-Erzählungen, die das sechsköpfige Ensemble im kargen Bühnenbild von Martin Zehetgruber – ein paar Stühle, haufenweise Bücher – anreißt. Nicht alle passen gleich gut dazu: Rezitiert Markus Scheumann „Die Grube und das Pendel“, fällt zuerst nicht auf, dass der Protagonist weder Usher noch sein Gast ist, die von Michael Maertens’ gesprochenen Passagen aus dem frühen Krimi „Der Doppelmord in der Rue Morgue“ hingegen sprengen die konzentrierte Atmosphäre poetisch verklärten Schauers.
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