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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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MUSA DAGH – Blitz-Bildung zu Werfels „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ im WIENER 401

June 7, 2015 Martin Pesl
Eindeutig im Urlaub gelesen: „Die vierzig Tage des Musa Dagh“  
 
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Eindeutig im Urlaub gelesen: „Die vierzig Tage des Musa Dagh“  © S. Fischer Verlag bzw. Martin Thomas Pesl

Franz Werfel

Die vierzig Tage des Musa Dagh

S. Fischer Verlag, € 15,40

ISBN: 978-3-596-29458-9

Der WIENER liest für Sie Klassiker der Weltliteratur. Diesmal: ein Historienthriller mit eigener bewegter Historie zum 100. Gedenktag der Armenier-Tragödie

“Nichts erleichtert im Mißgeschick das menschliche Herz so wohltätig wie der Trieb, bestimmte Personen auch für ein elementares Unheil schuldig zu sprechen und mit Vorwürfen zu überhäufen.”

Schuldfragen. Dieses Jahr sind sie in aller Munde: die Armenier in der Türkei und das, was im Zuge des Ersten Weltkriegs vor genau 100 Jahren an ihnen verübt wurde. Papst Franziskus nannte es (durchaus nicht als Erster) bei einer Gedenkveranstaltung geradeheraus „Genozid“. Prompt gab es diplomatische Verstimmungen mit der Türkei. Einer jedenfalls hätte Franziskus sofort mit vehementer Geste zugenickt: der österreichische Schriftsteller Franz Werfel. Ohne seinen historischen Thriller „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ wäre die Tragödie der Armenier sehr wahrscheinlich viel weniger bekannt.

Werfel reiste mit seiner Frau 1929 in den Orient, wo ihm die wahre Geschichte der Menschen aus Yoghonoluk zugetragen wurde. Werfel wurde von Empathie gepackt, arbeitete sich in die historischen Fakten hinein und schuf rund um diese Fakten eine Fiktion, die seitdem ‒ 1933 kam der Roman heraus ‒ Scharen von Lesern knapp 1000 Seiten hindurch packt. Besonders dankbar waren die Armenier. Sie konnten ihr Glück kaum fassen, dass Werfel ihnen ungefragt ein so eindrückliches geistiges Denkmal setzte, und setzten ihm ihrerseits ein physisches, das heute im Wiener Schillerpark steht.

Yoghonoluk war ein „gallisches Dorf“ (in Wahrheit: ein armenisches) in der Südtürkei, dessen Gemeinschaft vom geplanten Vernichtungsfeldzug erfuhr und sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf dem Berg Musa Dağı verschanzte. Dort planten sie einerseits die Verteidigung gegen die Türken und versuchten andererseits, ein „normales“ Leben mit Unterricht und Gebet aufrechtzuerhalten. 4-5000 waren anfangs dabei, und Werfels kraftvolle Worte geben so manchem plastische Gestalt. Allen voran steht Gabriel Bagradian, nicht nur dank seines sagenhaft klingenden Namens eine veritable Heldenfigur. Am Ende der 40 Tage, als französische Kriegsschiffe die türkischen Belagerer zurücktreiben, die Schlacht also gewonnen ist, ist er so erschöpft, dass er den rettenden Schiffen fernbleibt und am Grab des Sohnes an einer letzten Kugel stirbt.

Wahrhaft Blut, Schweiß und Tränen werden hier vergossen, und der Heldendichter bezieht klar politisch Stellung: „Den Jungtürken aber gelang es, das Werk von Jahrhunderten in einem Atemzug zu zerstören. Sie taten das, was sie gerade als Beherrscher eines Völkerstaates niemals hätten tun dürfen! Durch ihren eigenen Nationalwahn erweckten sie den der unterworfenen Völker.“ Viel klarer hätte es der Papst auch nicht ausdrücken können.


HELD DER ARMENIER
Stationen im Werdegang eines Romans

NS-Verbot 1934
Werfels Roman kam quasi zeitgleich mit den Nazis. In NS-Deutschland wurde er schon drei Monate nach seinem Erscheinen auf Basis einer Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes wegen „Gefährdung öffentlicher Sicherheit und Ordnung“ verboten, die Akademie der Künste verbannte ihn. Nichtsdestotrotz, so schrieb Marcel Reich-Ranicki einmal, waren die „vierzig Tage“ wohl das meistgelesene Buch im Warschauer Ghetto.

Beststeller in den USA
Nach dem „Anschluss“ 1938 kehrten Werfel und seine Frau Alma Mahler nicht mehr nach Österreich zurück, sondern gingen in die USA. 1941 wurde Werfel gar amerikanischer Staatsbürger. Vor allem sein Roman über Bernadette, der die Jungfrau Maria in Lourdes erschien, aber auch die „vierzig Tage“ verkauften sich auf Englisch sensationell. Schon bei einer früheren USA-Reise hatte die armenische Community in New York den Schriftsteller hochleben lassen.  

Geplatzte Verfilmungen
Niemand geringerer als Clark Gable wurde für die Rolle des Gabriel Bagradian in der Hollywood-Verfilmung gecastet. Die türkische Botschaft jedoch übte so starken Druck aus, dass der Film nie gemacht wurde. Angeblich ereilte Mel Gibson im neuen Jahrtausend ein ähnliches Schicksal: Ein E-Mail-Shitstorm schreckte ihn vom Thema ab.

Werfeldenkmal
Der armenische Staat beauftragte im Jahr 2000 den Landsmann Ohan Petrosjan mit der Schaffung einer Büste, die Franz Werfel zeigt. Aufgestellt wurde sie unweit ehrenwerter Dichterkollegen wie Friedrich Schiller und Nikolaus Lenau. „In Dankbarkeit. Das armenische Volk“, ist darunter in Granit gemeißelt. 


„ARMENIER SEIN IST EINE UNMÖGLICHKEIT“ – Aus der bestgeschriebenen Anklageschrift der Welt

“Die Nacht des Musa Dagh saugte schnell die Julidämmerung auf. Der waagrechte Halbmond stieß sich von den Gipfelschroffen des Amanus im Osten ab und fuhr frei in den Raum hinaus.”
— S. 256
“Wenn ich nicht an das Böse glaube, so gibt es kein Böses in der Welt ... Wenn ich nicht an den Tod glaube, so gibt es keinen Tod in der Welt ... Mögen sie mich ermorden, ich werde es nicht einmal merken ... Wer diesen Punkt erreicht, der baut die Welt aus dem Geiste neu!”
— S. 546
“In jedem Mißerfolg aber liegt ein Element der Gnade, weil er die ganze Lächerlichkeit menschlicher Wert-Anmaßungen grinsend entlarvt.”
— S. 584
“Dies war aber nicht nur das gewöhnliche Kopfwackeln, das ihn seit seiner Krankheit häufig anfiel. Es bedeutete das fassungslose Nicht-Begreifen einer Welt, in der zum Geist verpflichtete Wesen, anstatt in die Wonnen der Definitionen, Formeln und Verse einzudringen, sich mit fanatischem Gurgelabschneiden befassen.”
— S. 749
“Armenier sein ist eine Unmöglichkeit. Sehr wahr! Die Unmöglichkeiten sind aber für Gabriel Bagradian abgetan. Mit unbeschreiblicher Sicherheit erfüllt ihn das Einzig-Mögliche. Er hat das Schicksal seines Blutes geteilt. Er hat den Kampf seines Heimatvolkes geführt.”
— S. 973
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© S. Fischer

 

 

In Autor Tags Blitz-Bildung, Buch, Roman

ÖSTERREICH IST EIN FALLBEISPIEL – Interviews mit Serdar Somuncu und Michael Mittermeier im WIENER 401

May 30, 2015 Martin Pesl
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© WIENER

Österreich ist ein Fallbeispiel

Deutscher Humor – ein sehr kurzer Witz? Schon längst nicht mehr. Die Herren aus dem Nachbarland entpuppen sich als überaus pointensichere Provokateure – allen voran Serdar Somuncu

Eigentlich dürfte hier nichts über ihn stehen. Serdar Somuncu braucht keine Werbung. „Ich habe immer viele Zuschauer, obwohl nie ein einziges Plakat hängt. Das liegt daran, dass sich herumgesprochen hat, dass bei mir etwas Unberechenbares passiert“, erzählt er. „Und meist geht es gut aus.“ Nicht immer. Als der in Istanbul gebürtige deutsche Schauspieler und Kabarettist in den Neunzigern mit einer satirischen Lesung aus Hitlers „Mein Kampf“ durch die Lande zog, gingen die Wogen hoch und Somuncu spielte acht Jahre lang Polizeischutz. Auch in Österreich, obwohl hier die Behörden erst meinten: „Wurscht, spiel halt.“

Mittlerweile ist Somuncu als der „Hassprediger“ berüchtigt. Diese Figur verschonte niemanden, spie Feuer gegen alle Minder- und Mehrheiten und brachte das Publikum dazu, über sich selbst nachzudenken. Dann ließ Somuncu den „Hassprediger“ sterben. Im neuen Programm „H2 Universe – Die Machtergreifung“ ist er wieder da und tourt durch Österreich. Wie das aussieht? Weiß Somuncu selbst noch nicht. Was er weiß – das ergibt das WIENER-Gespräch im Vorfeld –, ist jede Menge über österreichische Politik.

Wie kommt es, dass Sie Ihren „Hassprediger“ wieder hervorholen? Es war ein geplantes Manöver. Zum Programm gehört, dass ich als Prophet für eine gewisse Zeit auf die Erde komme, dann auf spektakuläre Art sterbe und dann als Geist wiederkehre. Und auf dieser Tour bin ich eigentlich der Geist meiner selbst. Das hat den Vorteil: Ich kann noch viel härter sein. Die Zeit spielt uns dabei eigentlich in die Tasche. Je mehr „Charlie Hebdo“, je mehr Leute sagen: Bloß keine Witze über Mohammed, desto witziger wird mein Programm.

Eckt es denn auch immer noch so schön an wie etwa Ihre „Mein Kampf“-Lesung? Gute Frage, die habe ich mir selbst noch nie gestellt. In meinen 30 Jahren auf der Bühne hat sich ein Ruf aufgebaut, auch in Österreich: Wenn der Somuncu kommt, wird es provokant. Das nimmt natürlich die Brisanz, fordert mich aber immer wieder neu heraus, wie ich diesen Konsens aufbrechen kann. Letztens war ich in die renommierte „Anstalt“ im ZDF eingeladen, da fiel mir ein, ich müsste eigentlich einen Pro-Pegida-Sketch spielen und sagen: Die haben doch Recht, die sind gegen die Überfremdung des Abendlandes – seid ihr doch auch alle, was stellt ihr euch so an? Am Ende ist wichtig, dass ich mein Label nicht verrate. Denn ich mache das natürlich nicht, weil ich pro Pegida bin, sondern weil ich den Denkansatz verändern möchte. Ich befürworte Pegida nicht, aber ich finde es erwartbar und würde nicht so affektiv damit umgehen. Das ist ja in Österreich genauso: Die FPÖ bekommt 20 %, und dann wird darüber nachgedacht, wie man reagieren soll, damit es nicht so schlimm wird. Man müsste im Vorfeld darüber nachdenken. 

Macht es einen Unterschied, mit einem Programm wie Ihrem nach Österreich zu kommen? Absolut. Der Impetus ist ein anderer, und die Ansprache an das Publikum ist anders. Wenn ich in Wien spiele, ist es zudem anders als in Leonding. Aber in Österreich fühlt es sich für mich deutscher an als in Deutschland. Es ist ein viel klarerer Extrakt aus dem Klischee des Deutschen, als man das in Deutschland kennt.  

Liegt das auch daran, dass wir Österreicher etwas Deutsches erwarten, wenn wir uns einen deutschen Kabarettisten anschauen gehen? Ich glaube, das ist in den letzten zehn Jahren zusammengewachsen. Als ich vor 30 Jahren erstmals in Österreich gespielt habe, war das hier völlig fremd: anderes Geld, andere Gedanken, anderer Humor. Das hat sich geändert, weil wir über die Boulevardmedien gleichgeschaltet sind. Wir kennen in Deutschland zum Beispiel Lugner. Auch Conchita Wurst ist nach Deutschland übergeschwappt und hat eine Debatte ausgelöst, die ihr schon vor drei-vier Jahren hattet, als sie zum ersten Mal auftauchte: Darf eine Frau einen Bart tragen?

Österreich ist auch das Land, wo (zumindest ist das mein Eindruck) das Wort „Überfremdung“ erfunden wurde. Österreich war immer schon an der Demarkationslinie zwischen Ost und West, und das unmittelbare Aufeinandertreffen kultureller Unterschiede hat Spuren hinterlassen. Begriffe wie „Tschusch“ oder „die Slowenen“ sind hier viel offensichtlicher negativ gebräuchlich. In Deutschland ist der innere Zensor immer eingeschaltet, der verbietet, so etwas zu sagen. Daraus wiederum entsteht eine Schmollhaltung, die immer eskaliert, wenn jemand ein Buch schreibt und sich zum Stellvertreter der schweigenden Mehrheit macht. In Österreich sagt ein Strache ganz offensichtlich Dinge, bei denen sich einem die Haare sträuben. Deshalb spiele ich mein Programm hier ganz anders.

Bedarf es da einer besonderen eigenen Vorbereitung? Bei mir ja, weil ich mich für Österreich sehr interessiere. Hier ist die Ausländerfeindlichkeit klarer und sichtbarer strukturiert, denn die AfD in Deutschland riecht zwar das Potenzial, traut sich aber nicht, FPÖ zu sein. Österreich ist ein Fallbeispiel und interessiert mich daher sehr.

Braucht es spezielle Tricks, diese „Bild“- oder „Krone“-Leser in die Vorstellung zu bekommen? Ich habe das Alleinstellungsmerkmal, dass mein Publikum sehr inhomogen ist. Bei anderen Kollegen kommt Kabarettpublikum oder Ethnopublikum. Bei mir sitzen 13-jährige Hiphop-Kids und 70-jährige drin. Ich kann hochtrabend intellektuell erzählen und auch sehr einfach mit Fäkalbegriffen hantieren. Ich will diese Schnittmenge und auch den Dialog zwischen den Zuschauern. 

Am 13. und 14. Juni 2015 gastiert Serdar Somuncu mit „H2 Universe – Die Machtergreifung“ im Stadtsaal.


 

Mit „Blackout“ in Wien
ittermeier: Pegida wäre hier ein Linksableger der FPÖ

Drei Fragen an Michael Mittermeier (2. bis 5. Juni 2015, Wiener Stadthalle):

Herr Mittermeier, sind Österreicher ein besonderes Publikum? Jedes Publikum hört gerne Dinge aus dem eigenen Land. Ich bringe immer österreichische Dinge ein. Wir werden sicher über den Song Contest reden und darüber, dass ihr dieses Jahr letzte geworden seid, obwohl ihr doch letztes Jahr erste wart!  

Sie wurden auf Anti-Pegida-Demos gesichtet. Die Bewegung Pegida gibt es jetzt ja auch in Österreich und hat wesentlich mehr Gegendemonstranten als Teilnehmer. Ist die Bewegung mittlerweile tot? Ihr braucht doch kein Pegida, ihr habt den Strache. Pegida wäre hier nur ein Linksableger der FPÖ. Pegida war ein Zeitgeistphänomen, aber es war wichtig, dagegenzugehen. Allein auf meine Ankündigung der Anti-Pegida-Demo kam ein Shitstorm auf Facebook: „Wir sind nicht alles Nazis!“ Diese Leute wollen auch ernstgenommen werden, aber ich muss die Vollidioten nicht ernstnehmen. Es gibt keine Islamisierung des Abendlandes.  

Schrecken einen als bekannten Kabarettisten solche Erlebnisse davon ab, die sozialen Medien zu nutzen? Menschlich war das in vielen Fällen sehr schlimm, aber deswegen nutze ich doch nicht weniger soziale Medien. Ich habe ja auch gesagt: Jeder Künstler, der sich von Bedrohungen einschüchtern lässt – „Wir verbrennen deine CDs“, „Komm nicht nach Dresden, sonst passiert was“ – und sein Programm ändert, hat seine Berechtigung als Künstler verloren. 

 

In Autor Tags Interview, Kabarett

HAIDER AUF DER SPUR – Interview mit Nathalie Borgers im WIENER 401

May 26, 2015 Martin Pesl
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© Kurt Mayer Film

Gerüchte. Als Nathalie Borgers’ 2002 ihren Film „Kronen Zeitung“ präsentierte, in dem sich die Redaktion und die Lieblingskunden der erfolgreichsten Zeitung der Welt vor laufender Kamera selbst entlarvten, lief der Film zunächst bei der Viennale. Damals ging das Gerücht um, Hans Dichand, der damalige Herausgeber des Blattes, habe alle Premierenkarten aufgekauft, damit niemand sich den Film anschauen konnte. Nach zwölf Jahren habe ich endlich Gelegenheit, die belgische Regisseurin nach dem Gerücht zu fragen. Es stimmt nicht. Schade. Wäre auch zu lustig gewesen.

Sehr lustig ist dafür jetzt Borgers’ neuester Film „Fang den Haider“. Mit scheinbarer Naivität zog die Frau mit dem französischen Akzent, die inzwischen in Österreich lebt, los, um das Phänomen Jörg Haider zu erforschen. Inmitten des Hypo-Dramas interviewte sie Fans und Weggefährten des verstorbenen Ex-FPÖ- und BZÖ-Chefs, um zu verstehen, wie der erste Rechtspopulist Europas so erfolgreich (oder doch nicht so erfolgreich?) werden konnte. Das Ergebnis ihrer ganz persönlichen Österreich-Story erinnert an eine Politsatireshow in Spielfilmlänge. Meint Westenthaler oder Dörfler das gerade wirklich so, oder ist es ihnen rausgerutscht?, fragt man sich immer wieder.

So viel Spaß wie dem Zuschauer hat es ihr selbst nicht gemacht. Als Produzent Kurt Mayer sie mit dem Projekt beauftragte, hatte sie so gar keine Lust auf alle die FPÖ-Menschen – und auch ein bisschen Angst vor ihnen. Wahrscheinlich war sie dann auch eher erleichtert, viele, aber keineswegs alle vor die Kamera bekommen zu haben.

Frau Borgers, Sie zeigen im Film immer wieder sich selbst mit den Anrufbeantwortern FPÖ-naher Menschen sprechen. Hatten Sie Angst, dass das ein Film darüber wird, wie Sie keine Gesprächspartner finden? Es gibt tatsächlich viele, die nicht mit mir sprechen wollten. Bei Schüssel, Riess-Passer, den meisten „Buberln“ bin ich jeweils beim Anwalt schon abgebrettert. Also fing ich an, diese erfolglosen Versuche zu filmen.

War es wichtig für Sie, sich selbst als Leitfaden in den Film zu schreiben? Die Subjektivität war von Anfang an mein Konzept. Es brauchte diesen Blick von draußen. 

Was war Ihre größte Überraschung bei der Recherche? Vieles an meinem Haider-Bild wurde eigentlich bestätigt. Am meisten habe ich gar nicht über Haider ihn gelernt, sondern über die Menschen: wie schnell sie bereit sind, jemanden zu lieben, wenn er ihnen den Eindruck von ein bisschen Anerkennung gibt. Das war ja seine große Gabe. Wenn sie einen Blick ihres Idols kriegen, sind sie ewig dankbar und geblendet von seiner Politik. Denn eine Politik hatte er. Viele sagen, da war nichts dahinter. Natürlich stand er als Person im Zentrum, aber wenn er an die Macht gekommen ist, hat er schon eine klare Politik gemacht, nämlich eine von weniger Freiheit und weniger sozialer Gerechtigkeit, also das Gegenteil von dem, womit er wahlkämpfte. Das Geld hat dabei halt er selbst verteilt und nicht das Staatssystem. 

Waren Sie offen dafür, positive Seiten an ihm zu entdecken? Ich war schon offen, weil mich hauptsächlich die Psychologie der Persönlichkeit interessiert hat. Ich habe auch positive Seiten entdeckt: Am Ende seines Lebens war er kultiviert und hat ziemlich viel gelesen. Er war sehr talentiert, ein gutes Chamäleon, er konnte sich immer so verwandeln, dass er bekam, was er wollte. Das war bestimmt auch Taktik, aber bis zu einem gewissen Grad Instinkt. Er hat Situationen kreiert, in denen der Eindruck entstand, dass er im Hintergrund ist und die anderen im Vordergrund. Nur was wollte dieser Mann in der Politik?

Ursprünglich wollte er Schauspieler werden. Hätte er sollen? Als Sänger oder Schauspieler hätte er wahrscheinlich weniger Schaden angerichtet, auch für sich selbst. Er war ja auch in der Politik nicht besonders gut, hat sich immer wieder selbst ins Knie geschossen. Wann immer er ein Problem bekam, war er selbst schuld. 

Wie war es, viel mit Menschen zu tun haben, in deren Gegenwart Sie sich nicht wohlfühlten? Viele von denen haben auch eine menschliche Dimension. Die Fans waren auch nicht schwierig, nur die Politiker, die sind teilweise wirklich klebrig und affektiert. Ich hatte im Schnittraum tatsächlich keine gute Stimmung. Aber wenn ich so etwas mache, denke ich immer nur ans Endprodukt. 

Mussten Sie sich oft zurückhalten, um den Interviewpartnern nicht die Meinung zu sagen? Es ist schon oft am besten, gar nichts zu sagen, weiter zu fragen und abzuwarten. Oft geben sie dann die Antwort, die man hören will. 

Wie werden die Mitwirkenden reagieren, die sich im Film ja teilweise selbst bloßstellen? Es ist immer schwierig, sich selbst zu sehen. Vielleicht beschweren sich einige, dass ich nur einen Teil von dem, was sie gesagt haben, hineingeschnitten habe – ich habe ja ja Stunden mit diesen Leuten verbracht, und im Film kommt dann nur eine Minute vor. Aber ich finde, diese Minute trifft schon jeweils den ihren Kern der Leute. Sie sind nicht lächerlich. Sie sind, wer sie sind. 

Manche machen sich schon selbst lächerlich. Ich finde zum Beispiel köstlich, wenn Peter Westenthaler, wenn er stolz erzählt, wie er Volksbegehren erfunden hat, weil Haider sich langweilte. Ja, aber er sieht das nicht so. Er sieht nicht, was Sie sehen.

Ist das nicht bitter? Dass der Film die einen bestätigen und die anderen, die „Haider-Menschen“, nicht überzeugen wird? Eines werden sie vielleicht begreifen: wie er sich die Stimmen gekauft hat. Vielleicht sehen merken die Leute, dass sie vorsichtiger sein müssen. Wenn man ein Geschenk kriegt – sei es ein Würstel oder ein Kugelschreiber oder 100 Euro –, muss man fragen, woher das kommt. 

Sie haben H.C. Strache aus Ihrem Film komplett rausgelassen. War das Absicht? Ich habe zwar schon ihm Zuge des Wahlkampfs mit ihm gedreht, aber das wäre eigentlich ein eigener Film: wie gut Strache die Rezepte von Haider gelernt hat. Man darf ihn nicht unterschätzen. Er hat weniger Talent und ist weniger charmant, aber er besitzt aber eine unfassbare Zielstrebigkeit. Er macht das so gut wie möglich.

Am Ende gibt mir Nathalie Borgers noch ihre Telefonnummer für Nachfragen. „Aber geben Sie sie nicht an FPÖ-Leute weiter“, sagt sie. „Für die habe ich ein eigenes Handy.“

Zur Website von Nathalie Borgers

 

In Autor Tags Film, Politik, Interview

DON QUIJOTE – Blitz-Bildung im WIENER 400

April 27, 2015 Martin Pesl
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© Hanser Verlag

Miguel de Cervantes Saavedra

Don Quijote von der Mancha

Deutsch von Susanne Lange

Hanser Verlag, € 70,00

Der WIENER liest für Sie Klassiker der Weltliteratur. Diesmal ein Roman, der hat an Jahr' wie der WIENER Exemplar', oder: das beste Buch der Welt

“Da erst hüpft das Herz, da kämpft man mit dem Lachen, da zuckt der ganze Leib, kurzum: Quecksilber in allen Sinnen.”

Traurige Gestalt. Alles beruht auf einem simplen Witz, einer Persiflage: Ein Mann hat zu viel Fantasy gelesen und glaubt, es sei was Wahres dran. Er heuert einen einfältigen Ziegenhirten an, sattelt ein altersschwaches Pferd, zieht los und durchquert als fahrender Ritter die iberische Halbinsel. Die Menschen, denen er begegnet, erkennen, dass er total gaga ist, finden ihn aber so lustig, dass sie mitspielen. So wird bis zu einem gewissen Grad der Wahn wahr. 

Die genial einfache Prämisse des „geistvollen Hidalgo Don Quijote von der Mancha“ von Miguel de Cervantes wuchs sich zu zwei Teilen von über 1000 Seiten aus. Seitdem hat jedes Kind ein Bild vom dürren Bärtigen, der stolz den Beinamen „Ritter von der traurigen Gestalt“ vor sich herträgt; von seinem gedrungenen Knappen, dem Vielfraß Sancho Panza; vom treuen, aber armseligen Pferd Rocinante und von der platonisch zutiefst verehrten Dulcinea von Todoso, die keineswegs eine Prinzessin, sondern eine resche Bauernmagd ist – wobei: auch das ist nicht sicher, niemand traf sie je persönlich an. So traurig wie lustig sind die Kämpfe dieser beharrlichen Möchtegernhelden gegen Windmühlen, Weinschläuche und verkleidete Schauspieler. Eingeflochtene Novellen von Liebenden und Rivalen, Kämpfern und Glaubensgestörten bilden – ganz ohne fantastische Elemente – eine treffliche Karte des goldenen Zeitalters von Spanien ab.

Der 1605 in wenigen Kopien veröffentlichte erste Teil seiner als lehrreiches Gegenstück zur blühend unsinnigen Ritterliteratur Spaniens erdachten Geschichte wurde so erfolgreich, dass Cervantes die Berühmtheit des Werks in geradezu postmoderner Manier in Teil II einbaute und wiederum persiflierte. Sogar aufs Thema Fan-Fiction griff er – genau 400 Jahre ist das her – vor: Denn wie Don Quijote und Sancho Panza entsetzt feststellen, kursieren Storys von ihren Doppelgängern, die ganz gegen ihren Charakter handeln!

2002 wählte eine Expertenrunde den „Don Quijote“ zum besten Buch der Welt. Seit 2008 kann das in der genialen Neuübersetzung von Susanne Lange auch der deutschsprachige Leser nachvollziehen. Richtig traurig freilich ist, dass sich am Ende der im Sterben liegende Don Quijote vom Wahn befreit für das nervige Herumgetue entschuldigt. Da wirken dann alle im Dorf, die bisher stets auf seine „Heilung“ drängten, irgendwie bedrückt. Der Leser auch.


SO TREFFLICH! SO VERGNÜGLICH!

Einige der wichtigsten Figuren im Leben des Don Quijote und seines Sancho Panza

 

Dulcinea von Toboso

So beschreibt sie der Ritter: „Ihre Haarflechten sind gülden, ihre Stirn elysische Felder, (...) ihre Haut ist Schnee, und die Teile, die Sittsamkeit dem Menschenblick verhüllt, sind so beschaffen, wie ich glaube und mir ausmale, dass ein feiner Geist sie nur loben, aber nimmer zu vergleichen vermag.“ In Teil II reitet er in Toboso ein, verzweifelt, sie zu sehen. Sancho behauptet kurzerhand, sie in einem nach Knoblauch stinkenden Bauerntrampel zu identifizieren. Schlussfolgerung: Böse Zauberer haben ihr Bild vernebelt!

 

Cardenio

Ein anderer Irrsinniger taucht in Teil I in den Bergen auf. Aber der hat guten Grund: Cardenios angeblicher Freund Don Fernando spannte ihm die Braut aus. Noch während des ersten Teils löst sich die komplizierte Tragödie jedoch – ziemlich an Don Quijotes Wahrnehmung vorbei – in Wohlgefallen auf: Alle Liebenden finden zu ihren ursprünglichen Favoriten zurück, der Ritter bleibt der einzige von trauriger Gestalt.

 

Pfarrer und Barbier

Die beiden Herren aus Don Quijotes Heimatdorf sind sehr um sein Heil besorgt und denken sich – in Teil II vom Bakkalaureus Samson Carrasco unterstützt – Tricks aus, um den armen Mann von seinen Irrfahrten zurückzulocken. Doch gerade, wenn es darum geht, seine Illusionen aufrechtzuerhalten, erweist sich der Tollpatsch als erstaunlich windig und geschickt.

 

Herzog und Herzogin

Das adelige Paar hat „Don Quijote“ gelesen und ist ganz verzückt, ihm in echt zu begegnen. Mit gigantischem Aufwand bauen sie eine Welt um ihn herum, die seiner Fantasie entspricht. Dem Sancho Panza schenkt der Herzog sogar ein „Eiland zum Gubernieren“. Auf dieser lange herbeigesehnten Insel (die, was keinem auffällt, keineswegs von Wasser umgeben ist) fällt Sancho ein paar Tage salomonische Urteile über die Bevölkerung, bis er feststellt, dass das doch nix für ihn ist.


“Solltet Ihr mir, Herr fahrender Ritter, nochmal begegnen, dann helft und steht mir um Gottes willen bloß nicht bei und sollte man mich auch in Stücke hauen, sondern überlasst mich meinem Unglück, das so groß nicht sein wird wie das, was mir durch Euer Gnaden Hilfe entsteht, (...).”
— Teil I, S. 346f.
“Gott steh dir bei, armer Don Quijote, mir scheint, du stürzt dich da vom hohen Gipfel deines Wahns in den tiefen Abgrund deiner Einfalt!”
— Teil II, S. 16
“Und recht hat er gehandelt, denn die Wahrheit fällt nicht und stirbt nicht, sie geht nicht wie die Lüge auf gefährlichen Stelzen, sondern schwimmt wie das Öl immer obenauf.”
— Teil II, S. 84
“Nur die Bedingung lehne ich ab, dass der Ruhm seiner Heldentaten auf mich übergehen soll, denn ich weiß nicht, welcher Art und Beschaffenheit die seinen sind. Mit den meinen begnüge ich mich und mit der Art, in der diese beschaffen sind.”
— Teil II, S. 546
In Autor Tags Blitz-Bildung, Roman, Literatur, WIENER
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