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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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DER GOLDENE ESEL – Blitz-Bildung des Romans von Apuleius im WIENER 396

November 26, 2014 Martin Pesl
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© Martin Thomas Pesl (WIENER, S. Fischer)

Apuleius

Der goldene Esel

Deutsch von August Rode

Luxus ist, Rosen zu fressen und Esel zu vergolden! Der WIENER liest für Sie den weltersten Roman: Toll trieben es die alten Römer

“Jetzt beginnt es. Merke auf, es wird zu lachen geben.”

Ha-ha-ha. Wahnsinnig lustig findet Ich-Erzähler Lucius den Scherz, den man ihm auf einer Handelsreise durch Thessalien, das Land der Hexerei, spielt. Man klagt ihn öffentlich des Mordes an und zerkugelt sich, als sich herausstellt, dass die Männer, die er erschlagen haben soll, einfach drei Schläuche waren. Und richtig zum Brüllen ist es ihm, als er sich nach einer Liebesnacht mit der Dienstmagd Fotis in einen Esel verwandelt findet. Um seine ursprüngliche Gestalt wiederzuerlangen, muss Lucius Rosen fressen. Klingt idiotensicher, aber bis es gelingt, wechselt das arme Vieh mehrfach Besitzer und Ort, wird Zeuge von allerlei schlüpfrigen Schweinereien und Gaunereien – so ist der erste vollständig erhaltene Roman der römischen Antike reichlich mit Handlung angefüllt.

Der moderne Leser hat dabei schon auch zu lachen, aber noch mehr zu staunen darüber, mit wie viel Sex & Crime so ein 2000 Jahre altes Werk angefüllt war; Lateinschüler werden vor Scham erröten, dafür wird ihnen das Durchdeklinieren gleich viel mehr Spaß machen. Denn der „asinus aureus“ kriegt mit seinen langen, spitzen Ohren alles mit: Seitensprünge untreuer Ehefrauen, Schlachtpläne sadistischer Räuberbanden und priesterliche Orgien. Auch der Esel selbst zieht bei den sexuellen Ausschweifungen den Schweif nicht ein. Am Ende wieder Mensch  geworden, gibt Lucius sich fromm dem Isisdienst hin, frönt also der eher weißen Magie. Hier finden sich wohl auch autobiografische Züge: Auch dem Autor Apuleius, einem leidenschaftlichen Orgien-Mysterien-Anhänger, sollen magische Tendenzen nachgesagt worden sein, die Zeit nach dem Schriftstellertum verbrachte er in Nordafrika – als Oberpriester. „Siehe!“, schreibt er weiterhin gut gelaunt. „Nun hast Du alles gehört: aber auch verstanden? Unmöglich!“

Was die Wissenschaft tatsächlich nicht ganz versteht, ist, welche Absicht der vermutlich im Jahr 123 n. Chr. geborene Apuleius, der sonst Gedichte und philosophische Werke schrieb, mit dieser ulkigen Posse verfolgte. „Metamorphosen“ soll sein Buch ursprünglich betitelt gewesen sein, und vollständig erhalten ist es vermutlich wegen seiner religionsgeschichtlichen Bedeutung. Die Haupthandlung hat Apuleius einem alten griechischen Stoff entnommen, einzelne Geschichten in der Geschichte – vor allem die berühmte Erzählung von „Amor und Psyche“ – dürfte er selbst erfunden haben. 


METAMORPHOSEN
er „Esel“ hat sich in 2000 Jahren vielfach verwandelt

Amor und Psyche

Kommen Ihnen die Namen bekannt vor? In Patrick Süskinds Beststeller „Das Parfüm“ stehen sie für eine ganz besondere Duftnote. Im Louvre und in der Emeritage stehen bekannte Skulpturen, die das Liebespaar aus Gott und Mädchen zeigen. Erfunden hat sie wohl Apuleius, die Geschichte wird über drei der elf Bücher im „goldenen Esel“ hinweg erzählt: Venus’ Sohn Amor soll das schönste Mädchen ever, Psyche, dazu bringen, sich in einen schlechten Mann zu verlieben, verfällt ihr jedoch selbst. Die Tochter, die sie am Ende kriegen, heißt übrigens Voluptas: Lust.

„Das Dekameron“

Im 14. Jahrhundert griff Giovanni Boccaccio das Motiv der erotischen Episoden ohne jede Hemmung auf und erweiterte es zu seinen hundert Geschichten über die Liebe, die als „Decamerone“ Weltruhm erlangen sollten. Auch hier werden mit frivoler Ironie die verschiedensten Konstellationen geschildert, Streiche gespielt, Hörner aufgesetzt. Und Esel gibt es auch.

„Ein Sommernachtstraum“

Im Zauberwald vor Athen treffen sich nicht nur die Liebenden, um ihre Ruhe zu haben, sondern auch die Handwerker, um ihre kleine Aufführung für den Herzog zu proben. An der talentiertesten Rampensau – Zettel, dem Weber – testet der schelmische Elf Puck seinen Liebestrank. Er setzt ihm einen Eselskopf auf und sorgt dafür, dass die Elfenkönigin Titania sich in das entstellte Wesen verliebt. Und jetzt wird auch klar, wie Shakespeare auf die Idee kam.  

Schelmenroman

„Der goldene Esel“ ist nicht nur unser erster Roman, auch unser erster Schelmenroman, obwohl diese Genrebezeichnung erst im Spanien des 16. Jahrhunderts aufkam. Immer geht es um einen ungebildeten, aber bauernschlauen Helden, der sich mit mehr Glück als Verstand durchschlägt. Es gibt sie in allen Epochen: Cervantes’ „Don Quijote“ ist so einer, Grimmelshausen „Simplicissimus“ ein anderer. Mit ihm ist Oskar Matzerath aus der „Blechtrommel“ quasi direkt verwandt, und wenn man die Linie weiterverfolgt, landet man bei einem so jungen wie alten Schelm der 2010er-Jahre: jenem „Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.


SCHLÜPFRIGES: „ICH HALTE DIR STAND“. Was in Apuleius’ Klassiker alles emporgereckt wird. 

“„,(...) Sobald ich Amors ersten Pfeil tief im Innern fühlte, spannte ich gleich aus voller Kraft meinen Bogen, daß Horn und Sehne springen möchten. Allein, willst Du mir ganz meine Wünsche gestatten, so löse Dein Haar, daß es Dich frei umwalle, und überlaß Dich also meiner Umarmung.‘ (...) ,Auf denn,‘ ruft sie, ,zum Kampf! Mutig zum Kampfe! Ich halte Dir Stand und weiche nicht. Zeige, daß Du ein Mann bist, sei tapfer und stirb tötend; denn heute gibt’s keinen Pardon!‘”
— S. 39
“Was mich betrifft, (...) ich stolzierte hochtrabend einher, und mit emporgereckten Ohren und offenen Nüstern frohlockte und jubilierte ich dermaßen aus vollem Halse, daß alles nur dröhnte.”
— S. 156f.
“Denn der erste Funke der Liebe ist klein und erwärmt angenehm das Herz; aber wenn er durch den Umgang angefacht wird, so lodert er in Flammen auf, die endlich in wilder Glut unser ganzes Wesen verzehren.”
— S. 169
“Auf diese hämische Spötterei führte er das Bürschchen, sehr wider seinen Willen, zu Bett, schloß sein keusches Weib unterdessen anderswo ein und, allein mit ihrem Liebsten, übte er an demselben die ganze Nacht hindurch die süßeste Rache für die ihm zugedachten Hörner.”
— S. 211

In Autor Tags Blitz-Bildung, Buch, Roman

BESSER IN WIEN – Interview mit Oliver Polak im WIENER 396

November 26, 2014 Martin Pesl
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© WIENER

Besser in Wien

Er war jetzt oft in Fernsehen und Radio, und er wiederholt gern die eine oder andere Pointe in Interviews, etwa mit Stermann und Grissemann. Ich hoffe, ich habe es dennoch geschafft, Comedian Oliver Polak die eine oder andere neue Frage zu stellen

Ihr neues Buch „Der jüdische Patient“ handelt von Ihrem zweimonatigen Krankenhausaufenthalt wegen schwerer Depression. Wenn man das Buch gelesen hat, gibt es nur eine mögliche Einstiegsfrage: Wie geht es Ihnen?

Ha! Mir geht es gut, weil ich hier in Wien bin. Das ist einer meiner favorite places. Ich habe Orte hier, die ich sehr gerne mag, wie das Hotel Triest, den Fürstenhof. Ich mag auch das Rabenhoftheater. Ich hatte schon als Kind eine große Österreich-Affinität, weil ich zuerst die Erste Allgemeine Verunsicherung gehört habe, Falco, Peter Alexander, und dann natürlich Udo Jürgens. Mir geht es grundsätzlich gut, aber wenn ich in Wien lande, geht es mir noch besser. Und wenn der Weg vom Flugzeug zum Gepäckband nicht gefühlte drei Stunden dauern würde, ginge es mir noch mal besser. Man lügt ja gerne, wenn man in eine Stadt kommt: „Oh, ich liebe diese Stadt!“, aber im Fall von Wien kann ich es wirklich beweisen.

Wien kommt auch in Ihrem Buch immer wieder mal vor.

Ja, ich würde auch sofort eine Österreicherin heiraten. Allein die Sprache! Wenn du zu jemandem sagst: „Ey, ich fick’ deine Schwester, ich töte deine Familie und dann den Hund“, dann hat das so eine Härte. Aber wenn du es mit dem Wiener Schmäh sagst, kriegt es gleich was Smartes. Während der Kölner Dialekt an sich schon etwas sexuell Belästigendes hat. Wien macht alles schöner. Obwohl, wenn die Wienerin beim Sex stöhnt, klingt das etwas leidend. Da weißt du nie, ob es geil für sie ist oder ob ihr was wehtut.

Haben wir Österreicher also anders als die Deutschen Humor (Sie sagen ja, das Lustigste in Deutschland sei der ZDF-Fernsehgarten)?

Wien ist ja nicht Österreich, und die Wiener haben Humor. Hier habe ich immer das Gefühl, dass es ein Ironieverständnis gibt, das in Deutschland fehlt.

Ist die Entrüstung in Deutschland, einen jüdischen Komiker vor sich zu haben, wirklich so groß?

Anfangs schon. Ich kam auf die Bühne, und die dachten, gleich klettert Woody Allen aus meinem Bauch heraus mit dem Lachsbagel in der Hand, spielt begleitet von Georg Kreisler ein Klezmer-Lied auf der Klarinette und zitiert Salcia Landmann. Und dann kam ich, und so wie ich aussehe, war das für das Ü50-Kabarettpublikum schon eine Beleidigung. Das war ein einziges Missverständnis. In den Großstädten weniger, aber sobald es ländlicher wurde: los katastrophos. In meiner Heimatstadt Papenburg trete ich auch nie wieder auf.

Sie behandeln auch das Thema Männlichkeit ‒ eine längere Passage widmet sich dem Thema „Boys donʼt cry“. Ist Ihr Buch auf ein männliches Publikum hin geschrieben?

Nein, ich denke nie über so Geschlechtsdinge nach. Ohne Witz: Wenn sich zwanzig Erdmännchen Karten für meine Show kaufen würden, wäre das okay. Man erzählt das, was man erzählen will, und das finden Männer und Frauen gut. Meine neue Comedy-Show heißt „Krankes Schwein“, die ist schon recht derb, aber es kommen auch viele Frauen, die das geil finden. Auch das Buch berührt Frauen, bei denen erwacht oft so ein Beschützerinstinkt, wenn sie das Buch lesen.

Das wundert mich nicht: Ihr Zustand ist teilweise erschreckend geschildert. Ich habe mich gefragt, wie Sie nach diesen Erlebnissen je wieder Stand-up-Comedy machen können?

Das geht schon ganz gut, aber es findet halt anders statt als zu den Zeiten im Buch. Ich habe jetzt ein neues Management, das mich weniger im deutschen Ü50-Kabarettsektor unterbringt, sondern mehr im popkulturellen Kontext. Die vertreten auch K.I.Z., eine krasse deutsche Band, in deren Video ich als Adolf Hitler aufgetreten bin. Ich bin also eher in Popshows oder bei Lesereisen in richtigen Theatern wie dem Rabenhof in Wien oder der Volksbühne in Berlin.

Wird der Auftritt im Rabenhof eine simple Lesung, oder ist auch ein bisschen Comedy dabei?

Ich werde auch mit „Krankes Schwein“ nach Österreich kommen, das wird dann Stand-up pur. Die Lesung wird eine Lesung, in der ich die lustigen Komponenten des Buches hervorhebe. Am Ende gibt es erstmals ein Q&A, daraus ergeben sich sicher auch Stand-up-Elemente. Wenn ich nicht zu depressiv bin an dem Tag.

Kann das noch vorkommen?

Kaum. Auf vorherigen Touren habe ich den Fehler gemacht, alleine unterwegs zu sein. Jetzt habe ich einen Tourbegleiter, da ist alles easier.

Wann fiel die Entscheidung, Ihren Krankenhausaufenthalt literarisch zu verwerten?

Viele fragen mich, ob mir das Schreiben geholfen hat, die Krankheit zu verarbeiten. Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun. Ich habe das ganze Buch bei Starbucks am Hackeschen Markt in Berlin geschrieben. Zuerst hatte ich eine Idee für ein Stand-up-Programm, aber dann entwickelte es sich zu einer Geschichte, die ich aufschreiben wollte.

Wie stellt man sich das vor?

Man ist wochenlang im Spital, kommt dann raus und muss am nächsten Tag weiter seiner Arbeit als Autor und Comedian nachgehen? Ganz so schnell geht es nicht. Man muss erst einmal entschleunigt auf sich achten und schauen: Was kann ich? Welche Kräfte habe ich? Dieser Prozess kann mindestens ein, zwei Jahre dauern.

Im Anhang ist die Playlist zum Buch angeführt. Soll man die bei der Lektüre mithören?

Nein, aber man kann! Es kommt so viel Musik vor, dass meine Lektorin die Idee hatte, alle Songs von Udo Jürgens über Tocotronic und The Notwist bis Blumfeld und James Blake aufzulisten. Das deutsche Musikportal Vevo hat dann sogar eine eigene Playlist daraus zusammengestellt.

Besteht die Gefahr, beim Schreiben über Depression wieder in diese abzurutschen?

Manchmal macht man durch die intensive Beschäftigung noch mal eine Mülltonne auf und kramt wie eine Katze in den Resten ’rum, aber grundsätzlich besteht keine Gefahr. Meine Sorge war eher, dass mich die Interviews dazu wieder runterziehen. Die machen aber total Spaß, weil: gute Leute und gute Fragen. Es ist jetzt halt eine Geschichte, die aufgeschrieben ist.

Wie konnten Sie sich so gut erinnern, wie Sie sich während der Depression fühlten?

Das war überhaupt kein Problem. Auch die Wut, die in dem Buch ist, habe ich heute teilweise gar nicht mehr. Und trotzdem konnte ich sie gut heraufbeschwören. Zum Beispiel, als sich im Quatsch Comedy Club der Moderator nach meinem Auftritt für mich entschuldigt, der ersten Reihe Getränke ausgegeben und auch noch Witze über mich gemacht hat, um sich selbst auf meine Kosten größer zu machen ‒ dass ich den töten wollte, daran habe ich mich einfach gut erinnert.

Das Buch endet eine Sekunde vor dem vermeintlichen Happy-End. Warum diese Entscheidung?

Was ich durch die Liebesgeschichte mit Sunny erzählen wollte: Wenn du depressiv bist, fühlst du nichts mehr. Gegenüber Dingen, die dir Freude gemacht haben, empfindest du nichts. Wenn du dann gesund wirst, schwindet diese Gefühlslosigkeit allmählich, und du fängst wieder an zu fühlen. Mir ging es gar nicht darum, eine Liebesgeschichte zu erzählen, sondern zu zeigen, dass dieser Panzer weg ist. Dafür war es nicht wichtig zu sagen: „Ich liebe dich“, oder wie es weitergeht.

Überraschenderweise offenbaren Sie sich im Buch auch als großer Fan von Udo Jürgens.

Mit ihm fühle ich mich verbunden, weil wir beide oft missverstanden wurden. In meinem Fall haben die Leute nicht geschnallt, dass ich ein Stand-up-Comedian bin, sondern dachten, ich sei nur ein Jude. Bei ihm denken Sie, er sei ein Schlagerstar, obwohl er ein Chansonnier ist.

Und „Twin Peaks“-Fan sind Sie auch. Was sagen Sie zu den Plänen von David Lynch, die Serie fortzusetzen?

Ich glaube, „Twin Peaks“ ist für meine Depression mitverantwortlich. Ich habe die Serie erst vor zwei Jahren gefunden, mich zwei Wochen zu Hause eingeschlossen und alles durchgeguckt. Das war echt psycho, aber ich freue mich trotzdem. Alle haben immer Angst vor Remakes, ich finde es okay.

Michael Mittermeier ist nach Amerika gegangen, um neu durchzustarten. Bei aller Frustration gegenüber deutschem Humor, wäre das nicht auch was für Sie?

Das ist auf jeden Fall eine Option. Wenn ich noch einmal depressiv wäre, ziehe ich nach Wien, denn hier komme ich mir völlig normal vor. Und wenn ich gesund bleibe, gehe ich nach Amerika und werde da „the only German Jewish comedian“.

 

Buch 

Der jüdische Patient von Oliver Polak 
10,30 Euro; www.kiwi-verlag.de

Termine

02.12.2014, 20:00 Uhr, Innsbruck, Treibhaus
03.12.2014, 20:15 Uhr, Feldkirch, Theater am Saumarkt
04.12.2014, 20:00 Uhr, Wien, Rabenhof Theater
05.12.2014, 20:00 Uhr, Klagenfurt, Universität
06.12.2014, 20:00 Uhr, Graz, Orpheum

 

In Autor Tags Buch, Kabarett, Interview, WIENER

HINTERHOLZ 2.0 – Interview mit Roland Düringer im WIENER 395

November 23, 2014 Martin Pesl
Roland Düringer&nbsp;&nbsp;© Andreas Jakwerth

Roland Düringer  © Andreas Jakwerth

Hinterholz 2.0

Alles halb so wild: Roland Düringer lädt ein und berichtet, warum er keine Bäume umarmt, wieso eine Trilogie auch vier Teile haben kann und wie sein Treffen mit Michael Spindelegger so war

Wenn man Roland Düringer in Niederösterreich besucht, gerät man ins Schmunzeln: Kurz vor der Ankunft zeigt das Navi an, dass man durch Hinterholz fährt. Man denkt an den Film, an den Düringer-Boom Ende der Neunziger mit „MA2412“ und „Benzinbrüder“. Dann erinnert man sich, wie er vor drei Jahren alle verwirrt hat, weil er plötzlich Vorträge statt Kabarett abhielt und politisch geladene Wutbürgerreden vom Stapel ließ. Vor knapp zwei Jahren runzelte man dann noch mehr die Stirn, denn er kündigte an, sich in seinen autarken Wohnwagen zurückzuziehen und der modernen Technologie zu entsagen. Auf gueltigestimme.at regte er seitdem – durchaus unter Verwendung der modernen Technologie – mit kleinen Videos zum Nachdenken an. Wenn man Roland Düringer dann trifft, ist plötzlich alles halb so wild. Er zeigt einem die Reste seines einst überbordenden Fuhrparks, aber auch sein Gemüsebeet. Und er lässt mit Leichtigkeit so manchen Mythos platzen, der sich neuerdings um ihn rankt.

Ich war unsicher, wie ich mehr Verachtung von Ihnen ernte: wenn ich meine Fragen auf Papier ausdrucke, oder wenn ich das iPad mitbringe? Ich habe mich für das iPad entschieden, weil umweltfreundlicher. Es besteht keine Gefahr: Ist ja super, das Ding. Ich habe auch ein kleines iPad. Mit dem spiele ich meine gueltigestimme.at-Beiträge auf YouTube, wenn ich unterwegs bin.

Ist das Projekt Rückzug eigentlich vorbei? Wenn man es als Projekt bezeichnen will, ist es gegessen. Nicht, weil ich es abgebrochen habe, sondern weil ich jetzt weiß, welchen Einfluss gewisse Dinge auf mich haben und wie ich sie in Zukunft verwenden will. Mit dem Auto etwa fahre ich heute zum Bahnhof, da ist es sinnvoll. Oder vorhin war ich einkaufen bei unserem Nahversorger, da hatte ich etwas zu transportieren. Es geht nicht darum zu beweisen, dass auch alles ohne geht, sondern zu fragen: Wo macht es noch Sinn? Wo ist der Punkt, an dem unsere Dinge uns beherrschen, und wo verwende ich sie als Werkzeug?

Leben Sie weiterhin ohne Handy? Ich habe ein Handy. Das kann ja viele nützliche Sachen. Ich hatte nur eine Zeitlang keine Mobiltelefonnummer. Aber zum Beispiel habe ich immer „ÖBB Scotty“ verwendet. Da weißt du innerhalb von 30 Sekunden, welchen Zug du nehmen kannst.

Wie viele Menschen aus Beruf und Familie haben Sie verflucht, als Sie plötzlich nicht mehr per Handy erreichbar waren? Für all diese Menschen war es eine Umstellung, so wie für mich. Aber es pendelt sich ein. Es ist ja nicht so, dass ich im Wald lebe und man mich nicht erreichen kann. Du rufst an, da ist ein Anrufbeantworter oder ich bin zuhause. Es dauert halt alles ein bisschen länger.

Sie haben das ja auch gemacht, um ein Vorbild zu sein. Was waren die Reaktionen? Viele Leute erzählen mir, dass sie auch etwas ausprobieren. Sie schreiben mir Briefe, denn E-Mail habe ich ja nicht mehr.

Es gibt also noch so etwas wie Fanpost. Das klingt wie aus einer anderen Zeit. Genau. Meistens sind sie auch handgeschrieben und beginnen so: „Es ist schon sehr lange her, dass ich einen Brief geschrieben habe, und ich entschuldige mich für meine Schrift.“

Ihr neues Kabarettprogramm – oder Ihr neuer Vortrag, wie Sie es nennen – ist Teil einer Trilogie. Auf „ICH – Ein Leben“ und „WIR – Ein Umstand“ folgt nun „ICH allein?“. Früher habe ich auf der Bühne immer eine bestimmte Personengruppe behandelt: die Häuslbauer, die Motorfreaks, mich selbst. Dann wollte ich ein neues Programm schreiben, das jeden einzelnen im Publikum einschließt, auch wenn sie ganz unterschiedliche Geschichten mitbringen. Also war mein Thema: Was ist der Unterschied zwischen Leben und Lebensgeschichte? Geburt, Heranwachsen, Erziehung, Fortpflanzung, Nahrungsaufnahme, Krankheit, Tod – diese Dinge betreffen alles, was lebt. Bei einer spontanen Veranstaltung im Kabarett Niedermair las ich einfach alles, was ich schon hatte, vor. Der Niedermair-Chef meinte, das ist eigentlich ein Vortrag und ganz lustig. Das habe ich dann weiterentwickelt, aber es entstanden immer mehr Ideen für einen zweiten und einen dritten Teil. Mit dem dritten Teil bin ich jetzt durch, und wie es aussieht, wird es einen vierten von drei Teilen geben.

Landet der dann wieder beim „Wir“? Das weiß ich nicht. Es werden eher Auskopplungen einzelner Themen, die in der Trilogie nur gestreift wurden.

Am Anfang Ihres Selbstversuchs wurde schon gemunkelt: Was ist denn jetzt mit dem Düringer los? Hat der den Verstand verloren? Er umarmt jetzt Bäume. Ha! Ich umarme keine Bäume. Ich schneide sie um, wenn sie mir im Weg sind.

Waren diese Reaktionen nicht ein klein bisschen kalkuliert? Haben Sie sich nicht spitzbübisch darüber gefreut? Überhaupt nicht. Ich hatte eine Phase Ende der Neunziger, da war so ein Druck auf mir, weil ich überall populär war. Egal, was ich gemacht habe: Kino, Stadthalle, Fernsehserie, ich hatte Tausende Leute. Und genau daran habe ich mich orientiert. Worum geht es im Leben? Einschaltquoten, viel Geld verdienen, Romy kriegen ‒ das ist wichtig. So habe ich lange übersehen, dass es mir selbst dabei immer schlechter ging. Irgendwann war mir klar: Das kann es nicht sein, dafür mache ich das nicht. Ich will Theater spielen, ich will reden auf einer Bühne. Was mache ich jetzt? Die einzige Möglichkeit war, das zu verändern, was ich auf der Bühne mache, und zwar radikal. Nur so konnte ich aus dem Druck rauskommen, den ich mir selbst gemacht habe. So habe ich mir das alte Publikum so ein bisschen zerstört. Allmählich hat sich aber ein neues aufgebaut. Wirtschaftlich ist für mich wichtig, dass Leute kommen und sich meine Vorträge anschauen. Das brauche ich, um meine Familie und die Menschen, die für mich arbeiten, zu versorgen. Im Garten habe ich einen Wohnwagen mit 28 m2, damit hänge ich an keinem Netz. Wenn rund um mich alles zusammenbräche, ich würde es nicht bemerken. Bei mir geht alles weiter: Ich habe meinen Gemüsegarten, ich habe ein paar Schweindln, ich habe den Jagdschein. Ich wäre jetzt in der Lage, mich mit dem zu versorgen, was man wirklich braucht: einem Dach über dem Kopf, Wärme, Nahrung, Wasser. Daher bin ich entspannt für den Fall, dass einmal keiner mehr zu mir kommt. Da lebe ich dann dieses Plan-B-Leben, wo ich mich selbst versorge. Das heißt nicht, dass ich alles selbst herstelle, sondern dass ich mich mit meinen Nachbarn abspreche: Was habt ihr, was braucht ihr? Du brauchst nur eine Gemeinschaft, die miteinander kooperiert. Früher hat das Dorf geheißen.

Apropos Dorf: Wollen Sie Wiener Bürgermeister werden? Bitte was?

Es gibt Gerüchte. Ist das leicht in der Zeitung gestanden?

Ja. Sie sollen dementiert haben: „Das wäre ja ein sozialer Abstieg.“ Ah! Es gab eine Pressekonferenz von unserer Aktion „Tatort Hypo“. Da hat einer allgemein gefragt, ob das jetzt der Anfang ist und ich in die Politik gehe. Ich habe gesagt, das wäre ein sozialer Abstieg, weil ich jetzt ein freies Leben lebe und von niemandem abhängig bin. Was nicht heißt, dass ich nicht weiterhin, wenn es wichtig ist, zu bestimmten Themen etwas sage oder Menschen zum Nachdenken anrege. Aber: Was mache ich denn in Wien?

Dabei gibt es doch Erfolgsgeschichten von politisch aktiven Künstlern à la Jón Gnarr oder Beppe Grillo. Wenn ich bei einer Wahl in Wien antreten würde, gäbe es sicher Menschen, die mich wählen. Die wissen aber nicht, was sie tun. Wenn du einen Kübel mit lauter stumpfen Messern hast und du wirfst ein scharfes hinein, werden davon die stumpfen Messer dann scharf? Es haben schon viele gehofft, dass sie innerhalb des Systems etwas verändern können. Aber wenn du einmal drinnen bist... Die fahren ein Programm mit dir, so schnell kannst du gar nicht schauen.

Aber irgendwer muss doch versuchen, das System aufzubrechen. Das probiere ich ja auch.

Aber außerhalb des Systems. Außerhalb dieses einen Teils unseres Systems. Das System ist ja viel komplexer. Aber dieses parteipolitische System mit Parlament, Regierung und Klubzwang kann man von außen schon stören. Das ist uns auch gelungen. Wenn ein Kasperl wie ich einen Brief an den Finanzminister zum Thema Hypo-Skandal schreibt, den in seinem Blog vorliest, der dann zwei Tage später in einer Zeitung abgedruckt ist und drei Tage später der Finanzminister und Vizekanzler um eine Termin bittet, dann ist die Kacke am Dampfen bei denen. Wir haben 200.000 Unterschriften gekriegt. Ich durfte 15 Minuten im Petitionsausschuss sprechen, konnte mir das also von innen anschauen und weiß, das ist kein Ort, an dem ich sein möchte.

Wie war es dort? Na ja, eigentlich traurig. Die sitzen dort mit ihren iPhones und iPads, tratschen und hören einander nicht zu. Am Schluss habe ich gesagt: Wie würden Sie sich verhalten, wenn die Menschen, die Sie gewählt haben, Ihre Kunden wären, Sie also nur dann bezahlen, wenn Sie eine Leistung erbringen?

Wurde auf die Frage reagiert? Nein, an denen prallt so etwas ja ab. Man muss schon eine dicke Haut haben in diesen Ämtern, die werden ja pausenlos angebrunzt: von den Medien, von allen. Warum tut sich das jemand an? Das habe ich auch den Herrn Spindelegger gefragt. 

Und daraufhin ist er zurückgetreten? Nein, das war vorher. Er hat gesagt, weil er etwas verändern möchte. Aber irgendwann merkst du, du kannst nichts verändern. Also: Ich werde nicht Bürgermeister.


ORIENTIERUNG
Düringer über seinen neuen Vortrag „ICH allein?“

„In Teil 1 ging es um den Neandertaler, in Teil 2 um die von uns kreierte Wirklichkeit. Der dritte Teil kreist um die Frage: Was ist denn in diesem Ich überhaupt noch drinnen? Wir Menschen kommen halbfertig auf die Welt. Wir müssen lernen, lernen und lernen. Unser Neocortex ist dreimal so groß wie der eines Schimpansen, die Wirklichkeit wird auf uns erst draufgespielt. Wir haben nicht mehr so viele Instinkte wie Tiere, aber die Möglichkeit, aus vielem auszuwählen, ist auch für viele ein Fluch. Du brauchst eine Orientierung, und die wird von deinen Rahmenbedingungen vorgeben, von der Gesellschaftsstruktur. Das schaue ich mir in drei Themenblöcken an: Information, Religion und Zeit.“

25. November und 10. & 11. Dezember 2014 im Wiener Stadtsaal

www.dueringer.at

www.gueltigestimme.at

 

In Autor Tags Interview, Kabarett

DEALER, DOLLARS, DEMOKRATIE – Nachtkritik aus dem Werk X

November 14, 2014 Martin Pesl
&nbsp;Dennis Cubic, Tim Breyvogel, Christian Dolezal und Constanze Passin in „Seelenkalt“ © Chloe Potter

 Dennis Cubic, Tim Breyvogel, Christian Dolezal und Constanze Passin in „Seelenkalt“ © Chloe Potter

Wladimir Putin ist böse, da sind sich bei uns wohl die meisten einig. Freilich gilt das nicht für eine ganze Menge Russen: Die mögen Putin oder nehmen ihn zumindest als gegeben hin. Das hallt als verstörende Erkenntnis einer Uraufführung nach, die den "Schlüsselroman der Generation Putin" auf die Bühne bringt. Millionen 30-jährige Russen haben ihn seit 2006 gelesen, auf Deutsch hingegen landete Sergej Minajews "Seelenkalt" nur in der Hardcore-Nische des Heyne-Verlags.

Dieses Stück Popliteratur heute hier in Wien auf die Bühne zu bringen, ist gewagt. Nicht dass der Autor sich als Putin-Anhänger deklarieren würde: Der sieht das schon alles recht sarkastisch distanziert – aber eben aus einer Innenperspektive heraus, was den liberalen westlichen Konsens doch irritieren könnte. Minajew schildert eine herzlos-dekadente Managerwelt, wie wir sie bei Bret Easton Ellis schon lasen, mit Koks, rauem Sex und eher disharmonischem Arbeitsklima. Nur besteht für Erzähler Alexander das eigentliche Problem darin, festzustellen, dass sein Kollege von einem Typen einen geblasen kriegt und nicht von einer Frau.

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In Autor Tags Kritik, Theater, Roman
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