Die Herrschaft Kaiser Franz Josephs über Österreich-Ungarn ist bis heute identitätsstiftend für die kleine Nachfolgenation Österreich. Er war einer der längstdienenden Monarchen der Geschichte. Sein Tod bedeutete unweigerlich auch den des gewaltigen Reiches und seiner militärischen Macht. Und ebenso das Ende der von Joseph Roth erfundenen Familie Trotta. Ihr Schicksal bildet die Haupthandlung in Roths bekanntestem Roman „Radetzkymarsch“, erschienen 1932, als vom Kaiserreich schon nicht viel mehr als sentimentale Erinnerungen übrig waren.
Joseph Roth stellt uns vier Trotta-Männer vor, deren Geschicke untrennbar mit dem der Monarchie verknüpft sind. Der Älteste ein einfacher slowenischer Wachtmeister, der nächste ein Fußsoldat, der durch Zufall in der Schlacht von Solferino seinem Kaiser das Leben rettet; dessen Sohn Franz, der das Sterben der Monarchie als naiver Staatsbeamter begleitet, und der Jüngste, Carl Joseph, der am Druck des berühmten großväterlichen Namens zerbricht: „Du bist der Enkel des Helden von Solferino.“
Am Rande, elegant eingeflochten, als handle es sich um einen historischen Bericht, passiert so manches, das uns aus dem Geschichtsunterricht bekannt ist: Die einzelnen Nationen des Reiches erstarken, der Thronfolger wird in Sarajewo ermordet, der Erste Weltkrieg bricht aus, die Monarchie auseinander.
Der Radetzkymarsch von Johann Strauss (Vater) untermalt die Geschichte gewissermaßen musikalisch: anfangs ein virtuoses Ausdrucksmittel militärischer Stärke, später eine nostalgische Reminiszenz an verblasste Größe, ein ferner Klang. Heute freilich unerlässlicher Bestandteil jedes Neujahrskonzerts.
Joseph Roth, im Brotberuf Journalist, erzählt teils trocken, teils wehmütig die Geschichte einer Familie – und einer Nation – über knapp siebzig Jahre hinweg; jene Zeit eben, in der Franz Joseph Kaiser war. Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut.