Unser Autor ist Wiener und verbrachte im Winter zwei Tage in der portugiesischen Hauptstadt. Dabei erkannte er, warum Lissabon entgegen der allgemeinen Einschätzung kein Wien des Südens ist – zum Glück.
Manche vergleichen Lissabon mit Wien, weil die Melancholie des Fado etwas Morbides an sich habe wie das Wienerlied, wegen der prachtvollen Architektur und der Aura des Vergangenen. Wer im Februar aus Wien nach Lissabon kommt, kann diesen Vergleich nur beglückt weglachen. Bei nahezu blauem Himmel auf einem „Mirador“ genannten Aussichtspunkt über dem Tejo friedlichst den Sonnenuntergang betrachten und einer immer größer werdenden Gruppe jammender Musiker lauschen – so eine Session wäre an Wiens Donauufer im Winter ausgeschlossen und liefe im Sommer hipper, hektischer ab.
Dann schon eher San Francisco, aus zwei Gründen: Eine der beiden Brücken, die in Lissabon über den in der Nähe der Atlantikmündung schon beeindruckend breiten Tejo führt, sieht der Golden Gate Bridge zum Verwechseln ähnlich. Und es gibt sie auch hier, die legendären Straßenbahnen. Lissabons Cable Cars sind freilich meist entweder so überfüllt, dass der Fahrer einen nicht mehr einsteigen lässt, oder durchaus moderne Garnituren ohne Vintage-Charme. Auch die darf man jedoch getrost nehmen, um am Nordufer des Tejo etwa aus den Altstadtbezirken Alfama, Bairro Alto und Baixa nach Belém zu gelangen.
Erstere sind für Reisende wie geschaffen zum Flanieren, zum Staunen, weil an jeder Ecke einer engen, gepflasterten Straße ein neues, perfekt komponiert scheinendes Idyll aus blumengeschmückten Balkonen, einladenden Kaffeehaustischen und behangenen Wäscheleinen wartet.
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